Drohnen kommen immer häufiger bei der Jagd zum Einsatz. Sie bieten neue Möglichkeiten bei Kitzrettung, Nachsuche und Seuchenbekämpfung. Zudem bergen sie Risiken durch unsachgemäßen Einsatz oder Missbrauch. Diese Grundsätze sind zu beachten.

1. Drohnen spielen in vielen Lebensbereichen eine immer wichtigere Rolle – auch bei der Jagd oder im Zusammenhang damit. Sie bieten sowohl neue Möglichkeiten, als auch Risiken durch unsachgemäßen Einsatz oder Missbrauch. Bei der Vielzahl der potenziellen Einsatzmöglichkeiten sollten folgende Grundsätze Beachtung finden:

  • Drohnen können jagdliches Handwerk nie ersetzen, sondern allenfalls ergänzen.
  • Der Einsatz von Drohnen kann sinnvoll sein, wenn er dazu dient, die jagdlichen Mittel im Sinne des Tier-, Arten- und Hochwasserschutzes zu unterstützen.
  • Der Drohneneinsatz bei Drückjagden ist grundsätzlich abzulehnen. Es verstößt gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der Waidgerechtigkeit, wenn Drohnen eingesetzt werden, um Wild zu treiben, anzurühren sowie die Treiberwehr oder einen pirschenden Schützen zu dirigieren.

2. Aus diesen Grundsätzen ergeben sich konkrete Anwendungsbereiche, insbesondere:

  • Eines der wichtigsten Anwendungsgebiete ist die Rettung von Jungwild und die Sicherung von Gelegen während der Frühmahd.
  • Für die Nachsuche sind brauchbare Hunde gesetzlich vorgeschrieben. Nach Rücksprache mit dem Schweißhundeführer vor Ort kann der ergänzende Einsatz von Drohnen sinnvoll sein, etwa um das Risiko für Mensch und Hund bei der Arbeit in schwer zugänglichen Bereichen (z. B. Schilf und Mais) besser einschätzen zu können.
  • Bei der Seuchenbekämpfung, etwa wenn Schwarzwild nach Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest lokal reduziert werden muss, kann der Drohneneinsatz geboten sein – allerdings folgt die Seuchenbekämpfung auch nicht den Regelungen des Jagdrechts.

Abzulehnen ist der Drohneneinsatz zur Steigerung des Jagderfolges: Drohnen dürfen nicht für die reguläre Jagd eingesetzt werden, um eine höhere Strecke zu erzielen, etwa durch Überprüfung von Einständen unmittelbar vor der Jagd. Wenn Drohnen eingesetzt werden, um Wild zu treiben, anzurühren sowie die Treiberwehr oder einen pirschenden Schützen zu dirigieren, liegt sogar ein Verstoß gegen die allgemein anerkannten Grundsätze der Waidgerechtigkeit vor, der die Zuverlässigkeit infrage stellt. Erste konkrete gesetzliche Regelungen gibt es in Mecklenburg-Vorpommern1.

1§ 22 Abs. 4 LJagdG Mecklenburg-Vorpommern: „(4) Es ist verboten, die Jagd unter Verwendung von Drohnen oder vergleichbaren Fluggeräten auszuüben. Ausgenommen ist die Jungwildrettung.“

3. Die anerkannten Grundsätze der Weidgerechtigkeit sind tragende Pfeiler der Jagd und bei jeder Form der Jagdausübung zu beachten2. Dies gilt auch, wenn kein ausdrückliches Verbot besteht (etwa durch eine konkrete Regelung in den sachlichen Verboten des § 19 im Bundesjagdgesetz)3. Es ist nicht ohne Weiteres alles erlaubt, was technisch möglich ist. Es gehört zu den Pflichten des verantwortungsbewussten Jägers, sein Handeln im Hinblick auf die Jagdethik, einschließlich der Grundsätze der Weidgerechtigkeit, ständig zu prüfen und kritisch zu hinterfragen.

2§ 1 Abs. 3 BJagdG: „Bei der Ausübung der Jagd sind die allgemein anerkannten Grundsätze deutscher Weidgerechtigkeit zu beachten“.
3§ Siehe z.B. die DJV-Position zur Waidgerechtigkeit vom 19.6.2000, veröffentlicht u.a. unter www.jagdverband.de/waidgerechtigkeit und Schuck, Kommentar zum Bundesjagdgesetz (3. Aufl.), § 1 Rn. 27ff., § 19 Rn. 1.

4. Die Geschwindigkeit der technischen Entwicklung ist hoch. Es ist kaum absehbar, welche weiteren Einsatzmöglichkeiten es für Drohnen geben wird – und welche jagdethischen Herausforderungen. Konkrete Richtlinien zum Einsatz von Drohnen müssen der Weiterentwicklung der Technik und den wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst und regelmäßig überarbeitet werden.

Arten des Offenlands wie Rebhuhn, Feldhase oder Feldlerche leiden am Verlust von Lebensraum und am negativen Einfluss durch Raubsäuger. Verpflichtende Brachen und Fangjagd auf Fuchs, Waschbär und Co. sind essenziell, um den Erhalt der Arten zu sichern.

Hintergrund

Die Agrarpolitik der EU beeinflusst maßgeblich, wie die Landschaft gestaltet wird und wie landwirtschaftliche Flächen genutzt werden. Sie hat damit direkte Auswirkungen auf die Lebensräume und Besätze des Niederwildes sowie anderer Offenlandarten. Seit dem 1. Januar 2023 gilt die neue Förderperiode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Hintergrund ist das Interesse der EU-Mitgliedstaaten, eine gemeinsame Politik für einen Sektor zu gestalten, der die Nahrungsmittelversorgung sichert und der eine wesentliche Rolle bei der wirtschaftlichen Entwicklung der ländlichen Räume spielt. Ein weiteres wichtiges Ziel der GAP ist der stärkere Schutz von Biodiversität, natürlichen Ressourcen und Klima. Wesentliche Elemente sind dabei die Konditionalität, die neuen ECO-Schemes (Ökoregelungen) und die Agrarumweltmaßnahmen der Bundesländer (AUKM). Die Konditionalität beinhaltet Vorgaben, sogenannte GLÖZ-Standards (GLÖZ: guter landwirtschaftlicher und ökologischer Zustand), die jeder Betrieb bei der Flächenbewirtschaftung einhalten muss. Die Ökoregelungen und AUKM ermöglichen konkrete Maßnahmen, um die Artenvielfalt im Offenland zu fördern. Diese sind freiwillig und werden über EU-Mittel und Landesförderung honoriert.

Situation des Niederwildes und der Artenvielfalt

Feldhase, Rebhuhn sowie Fasan zählen zu den Charakter- und Leitarten des Offenlandes. Spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts sind bei allen Arten starke Bestandrückgänge zu beobachten. Die Gründe hierfür liegen in der Intensivierung und Mechanisierung der landwirtschaftlichen Produktion: Die Schläge wurden vergrößert, die Acker- und Grünlandbewirtschaftung entmischt und viele Strukturelemente wie Hecken, Raine, Brachen oder Knicks sind aus der Kulturlandschaft verschwunden. Fehlende Deckung, sinkende Lebensraumqualität und steigender Prädationsdruck führten zu einem signifikanten Rückgang verschiedener Niederwildarten und der Artenvielfalt allgemein. Gelege- und Jungtierverluste aufgrund intensiver Bewirtschaftung von Agrarflächen sowie schlechte Nahrungsbedingungen mangels Pflanzen- und Insektenangebot führen dazu, dass viele Offenlandarten nicht die für den Bestandserhalt nötigen Reproduktionsraten erreichen. Zu den bereits in Deutschland heimisch vorkommenden Raubsäugern reihen sich die invasiven gebietsfremden Arten ein, allen voran Waschbär und Marderhund. Sie sind potenzielle Prädatoren, besonders für Jungtiere, Küken und Gelege. Mit ihrer Ausbreitung steigt die Dichte der Beutegreifer kontinuierlich an. Der Schlüssel zur Förderung der Artenvielfalt und zum Erhalt des Niederwildes basiert auf zwei Hauptfaktoren: einer Verbesserung der Landschaftsstrukturen durch Blühflächen, Randstreifen, Anlage von Feuchtbiotopen, Knickanlagen und Niederhecken sowie einem intensiven Prädatorenmanagement, inklusive Fang- und Baujagd. Prädatorenmanagement ist besonders wichtig bei bereits niedrigem Besatzniveau der Zielarten.

Niederwildrelevante Maßnahmen der aktuellen GAP

Verpflichtende Konditionalität (GLÖZ 8): Stilllegungsflächen und Ansaatbrachen (Blühflächen)

Brachen bieten seltenen Tieren und Pflanzen Schutz, ebenso Vorteile für das Niederwild: ein gutes Nahrungsangebot durch verschiedene Ackerwildkräuter und ganzjährige Deckung, die vor Prädation schützt. Durch den höheren Anteil von Insekten sind Brachen besonders in der Aufzuchtzeit für Rebhühner und Fasane geeignet. Die schüttere Vegetation verringert für den Feldhühnernachwuchs zudem die Gefahr des Verklammens. Durch das Ausbleiben der Flächenbearbeitung werden bereits die Gelege vor der Zerstörung bewahrt. Aus Sicht des Niederwildes und vieler anderer Offenlandarten haben vor allem aktiv begrünte Brachflächen die größte Bedeutung, da die Mulchverpflichtung als Mindesttätigkeit erst ab dem 16. August und nur im 2-jährigen Turnus durchgeführt werden darf. Zudem stellen Stilllegungsflächen während und nach der Ernte den einzig verbleibenden Rückzugsort dar.

Freiwillige Maßnahmen: Ökoregelungen (ÖR 1a/1b)

Mit Einführung der neuen Ökoregelungen (Eco-Schemes) in der ersten Säule der Agrarförderung können nun ein- und mehrjährige Blühflächen über die Ökoregelung 1b „Blühstreifen oder -flächen auf GLÖZ 8-Aufstockungsflächen“ gefördert werden. Die Blühflächen der Ökoregelung 1b können nur auf Flächen angelegt werden, die bereits über die Ökoregelung 1a für die Erweiterung der nicht-produktiven Ackerfläche nach GLÖZ 8 gefördert werden. Aus Sicht des Niederwildes und weiterer Offenlandarten kommt der ÖR 1b die größte Bedeutung zu, da sie ganzjährig Deckung und Nahrung schafft. Der so angelegte ganzjährige Lebensraum erfüllt in der Feldflur für eine Vielzahl an Wildtieren, Feldvögeln und Insekten vielfältige Funktionen.

Änderungen und Ausnahmen in der aktuellen GAP-Förderperiode

Bereits vor Beginn der Förderperiode lagen die größten Hoffnungen zum Wohl der Offenlandarten auf GLÖZ 8. Hierbei ist ein Mindestanteil von 4 Prozent nicht-produktiver Flächen durch die Anlage von Ackerbrachen und/oder durch Landschaftselemente zu erbringen – also eine Flächenstilllegung. Nach anfänglicher Diskussion über die Selbstbegrünung von Brachflächen, die weder ackerbaulich noch wildtierfreundlich gestaltet werden durften, wurde schließlich zusätzlich eine gezielte Begrünung zugelassen. Somit ist eine Selbstbegrünung oder eine aktive Begrünung durch Ansaat (keine landwirtschaftliche Kultur in Reinsaat) zulässig. Jedoch muss die Einsaat unmittelbar nach der Ernte der Hauptfrucht im Vorjahr erfolgen. Bereits 2023 wurden die Vorgaben zur verpflichtenden Stilllegung aber ausgesetzt und modifiziert. Aufgrund des Ukrainekriegs und dessen Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit konnten die Landwirte gemäß der GAP-Ausnahme-Verordnung im Jahr 2023 die Konditionalität GLÖZ 8 aussetzen. Bei Aussetzen von GLÖZ 8 konnten jedoch im selben Jahr die ÖR 1a und 1b nicht mehr beantragt werden. Der Anbau von Sonnenblumen oder Leguminosen war zulässig. Im Antragsjahr 2024 wurde die Pflicht zur Stilllegung von mindestens 4 Prozent der Ackerflächen zur Erfüllung des GLÖZ-8-Standards ausgesetzt. Stattdessen hat die Kommission Ausnahmen geschaffen. GLÖZ-8-Standards können nun durch 4 Prozent der Ackerfläche in Form von Brachen und/oder Landschaftselementen und/oder stickstoffbindenden Pflanzen (Leguminosen) und/oder Zwischenfrüchten erfüllt werden. Leguminosen und Zwischenfrüchte dürfen dabei nicht mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden.

Kritik:

Die von der EU-Kommission geschaffene Ausnahme ist kein Ersatz für Brachflächen. Die ursprüngliche Ausgestaltung der GLÖZ 8 wurde eingeführt, um wichtigen Lebensraum für die Artenvielfalt zu schaffen. Es ist unumstritten, dass für eine Trendumkehr beim Artensterben 10 bis 20 Prozent der Agrarfläche als attraktiver Lebensraum gestaltet werden müssen. GLÖZ 8 – mit der entsprechenden Vorschrift, vier Prozent der landwirtschaftlichen Fläche als Fläche für die Biodiversität vorzuhalten – ist ein erster Baustein zu diesem Ziel. Auch bereits 2023 eingesäte Brachen können zwar erhalten werden, jedoch ist aufgrund des nun möglichen Anbaus von Zwischenfrüchten zu erwarten, dass Landwirte Brachen in intensiven genutzten Ackerbaugebieten umbrechen und diese Flächen somit wieder der Nutzung zuführen. Vor allem beim Zwischenfruchtanbau ist die Standzeit auf mindestens 6 Wochen festgelegt, spätestens am 15. Oktober muss die Zwischenfrucht bestellt sein. Soll jedoch die Zwischenfrucht einen positiven Effekt auf das Niederwild und die Artenvielfalt haben, sollte die Saat bereits im August eingesät sein, um dem Niederwild ausreichend Deckung und Äsung in den Wintermonaten zu bieten. Allgemein bieten Leguminosen wie Klee eine Grünäsung für Wildtiere sowie Nektar für Insekten, sind aber kein adäquater Ersatz für Brachflächen, vor allem weil mechanische Unkrautbekämpfung (Hacken, Striegeln) zugelassen ist. Die Folge: Verluste von Junghasen.

Jagd als Instrument für das Niederwild und den Artenschutz

Intensive, moderne Landnutzung ist eine wesentliche Ursache für den Artenschwund. Der großflächige Anbau nachwachsender Rohstoffe, das wachsende Verkehrswegenetz, immer mehr Siedlungen und das Verschwinden ungenutzter Brachflächen sind negativ für die Artenvielfalt: Die Lebensräume spezialisierter Arten nehmen in ihrer Fläche und Qualität weiter ab und verinseln zusehends. Für viele Offenlandarten werden anpassungsfähige Raubsäuger wie Fuchs, Steinmarder und Neozoen (Marderhund, Waschbär) deshalb immer mehr zum Schlüsselfaktor: Diese kommen in der Kulturlandschaft bestens zurecht, vermehren sich stark und dringen in die Lebensräume seltener Arten ein. Neben der Verbesserung von Lebensräumen ist die Reduktion von Raubsäugern deshalb eine wichtige Stellschraube, um bedrohten Arten zu helfen. Deutschland ist per EU-Verordnung (EU-VO 1143/2014) zum Management von Arten wie Waschbär, Marderhund oder Nutria verpflichtet. Eine effektive Fangjagd ist für die Eindämmung dieser dämmerungs- und nachtaktiven Tiere zwingend notwendig, ihre Einschränkung schädlich für den Artenschutz.

Forderungen

  • Bund und Länder müssen sich generell zur Jagd, inklusive Fangjagd, auf alle nicht ganzjährig geschonten Beutegreifer als Instrument für den Artenschutz bekennen. Dabei geht es um heimische Beutegreifer (z.B. Fuchs, Steinmarder) ebenso wie um invasive Arten (z.B. Waschbär, Marderhund). Managementmaßnahmen durch Jagd, insbesondere für invasive Arten, wie den Waschbär, müssen künftig bei Novellierungen von Landesjagdgesetzen umgesetzt werden. Bund und Länder haben eine Vorbildfunktion für die Umsetzung von Prädatorenmanagement durch Jagd auf ihren Flächen. Gleichzeitig müssen Bund und Länder Prädatorenmanagement fördern, das zum Gelingen von Artenschutzprojekten beiträgt.
     
  • Die Mittel der 2. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müssen auch für die Förderung jagdlicher Infrastruktur in der Agrarkulturlandschaft eingesetzt werden. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) ist hierfür der Rahmen zu schaffen, beispielsweise für die Förderung von Fangjagd.
     
  • Grundsätzlich sollten Maßnahmen für den Artenschutz in Abläufe des jeweiligen Betriebes integrierbar sein und zum Teil deutlich besser honoriert und unbürokratisch umgesetzt werden, um einen längerfristigen Erhalt der entsprechenden Maßnahme zu ermöglichen. Eine Förderung muss planungssicher und langfristig kalkulierbar sein, damit sich Maßnahmen dauerhaft in der gängigen landwirtschaftlichen Praxis etablieren und Akzeptanz finden.
     
  • Der Fokus bei Biodiversitätsmaßnahmen in der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und der Mitgliedsstaaten, sowohl in der ersten, als auch in der zweiten Säule, muss auf mehrjährigen Hegeflächen liegen. Mit diesen hochwirksamen Biodiversitätsmaßnahmen kann der größtmögliche Effekt für die Funktionsfähigkeit von Agrarökosystemen am flächenschonendsten erzielt werden. Einzelmaßnahmen sollten so flächig gestaltet und räumlich kombiniert werden, dass sie den fachlichen Anforderungen Rechnung tragen.
     
  • Anlage und Erhalt von Brachflächen sollte zukünftig bis zu einem gewissen Maß wieder verpflichtend sein, um Offenlandarten (z.B. Feldhase, Rebhuhn und andere Feldvögel) sowie Insekten einen Ganzjahreslebensraum zu bieten. Dabei sollte der Anteil von Brachflächen so gestaltet werden, dass eine gleichmäßige Verteilung und Vernetzung von Biotopflächen in der intensiv genutzten Agrarlandschaft gewährleistet wird.
     
  • Ausgleichszahlungen für verpflichtende Brachflächen müssen mindestens kostendeckend für die jeweilige Fläche sein. Die Förderung von freiwillig angelegten Brachflächen muss eine Biodiversitäts- und Standortkomponente enthalten.
     
  • Zwischenfruchtmischungen haben ackerbauliche Vorteile, da mineralischer Stickstoffdünger eingespart werden kann. Vorteile für die Artenvielfalt gibt es nur, wenn eine mechanische Wildkräuterregulierung entfällt.

DJV-Delegiertenversammlung in Mainz, 22. Juni 2024

Verkehrswege, Siedlungen und staatlich verordnete Rotwildgebiete verhindern derzeit, dass Rotwild ausreichend wandern kann. Inzucht ist die Folge – Wissenschaftler haben bereits genetisch bedingte Missbildungen wie verkürzte Unterkiefer in drei Bundesländern nachgewiesen. Querungshilfen und eine Auflösung der Rotwildgebiete sind dringend notwendig.

Hintergrund

Die Art Rothirsch1 (Cervus elaphus) ist neben dem Elch die größte freilebende terrestrische Säugetierart in Deutschland. Diese in Rudeln lebende Wildart bevorzugt als Lebensraum halboffene Landschaften. Wie andere Wildtiere beeinflusst der Rothirsch seinen Lebensraum, davon profitieren auch andere Arten. Das Abäsen von Unterwuchs schafft Lebensraum für wärmeliebende und von Blühpflanzen abhängige Insekten. Ebenso nimmt durch Verbiss die Lichtverfügbarkeit am Boden zu, wovon unter anderem Moose und Baumkeimlinge profitieren. Aus Suhlen entstehen Kleinstgewässer, die ebenfalls zur Lebensraumvielfalt beitragen. Der Rothirsch hilft bei der Verbreitung von Pflanzen, indem über den Kot, zwischen Hufen und am Fell anhaftende Samen verteilt werden. Aufgrund seiner Lebensweise fungiert der Rothirsch als Bioingenieur und trägt nicht zuletzt damit zur heimischen Artenvielfalt bei.

Andererseits ist dieser weiträumig agierende Pflanzenfresser auch eine typische Art im Problemfeld „Wildtier – Mensch“. Die intensive Nutzung der Landschaft durch den Menschen kollidiert mit den Ansprüchen des Rothirsches.

1Der Begriff „Rothirsch“ ist die biologisch korrekte Artbezeichnung. „Rotwild“ ist die im jagdlichen Sprachgebrauch verwendete Bezeichnung. Beide Begriffe schließen sowohl männliche als auch weibliche Individuen ein.

Verlust und Zerschneidung von Lebensräumen

Siedlungs- und Verkehrsflächen haben in den letzten Jahren durchschnittlich pro Tag um 54 Hektar zugenommen. Insgesamt gibt es in Deutschland 39.900 Kilometer Eisenbahntrassen und 630.000 Kilometer Straßen. Gegenwärtig werden 5,2 Millionen Hektar (14,5 Prozent) der Gesamtfläche Deutschlands für Siedlungs- und Verkehrszwecke in Anspruch genommen. Dieser Flächenverbrauch zerstört Lebensräume für Wildtiere und -pflanzen. Zugleich stellen verbaute Flächen Wanderbarrieren dar. So sind beispielsweise die winterlichen Einstandsgebiete wie Auenlandschaften und weniger schneereiche Tallagen für den Rothirsch der Alpenregion aufgrund von Flussbegradigungen, Siedlungs- und Straßenbebauung heute größtenteils nicht mehr vorhanden oder zugänglich. Sie müssen in Berglagen verbleiben, was auch zu Schäden im Bergwald führen kann.

Durch die Barrierewirkung von Schienen- und Straßennetzen, kanalisierten Wasserläufen, Solarparks und Siedlungen wird in vielen Regionen Deutschlands die natürliche Lebensraumnutzung für den Rothirsch erschwert oder gänzlich verhindert. Zusätzlich hemmen gesetzliche Vorgaben seine natürliche Lebensraumnutzung.

Folgen für den Rothirsch – genetische Verarmung

Menschliche Infrastruktur

Straßen, Siedlungen und Solarparks beeinträchtigen maßgeblich den genetischen Austausch zwischen verschiedenen Populationen. Mangelnder genetischer Austausch kann auf Dauer zu Inzuchterscheinungen führen und den Erhalt einer Population gefährden. Erste äußerlich erkennbare Inzuchterscheinungen wie Unterkieferverkürzungen wurden beispielsweise in Hessen beobachtet. Untersuchungen zeigen bereits eine verminderte genetische Variabilität. Auch in anderen Regionen Deutschlands wurde eine genetische Verarmung der Rothirschpopulationen nachgewiesen.

Amtlich festgesetzte Rotwildgebiete gibt es im Norden und Nordosten Deutschlands nicht, allerdings schränkt Infrastruktur auch dort die Wanderrouten und damit den genetischen Austausch zwischen Vorkommen stark ein.

Amtliche Rotwildbezirke

Obwohl der Rothirsch ein Bewohner der halboffenen Landschaft ist, wurden in westlichen und südlichen Bundesländern amtliche Rotwildbezirke in walddominierten Arealen eingerichtet – etwa in Baden-Württemberg seit 1958. Diese seit Jahrzehnten bestehenden Rotwildbezirke – und in Folge davon gesetzlich definierte rotwildfreie Gebiete – verhindern die natürlichen Wanderungsbewegungen und damit den nötigen genetischen Austausch. Zudem besteht in den betroffenen Bundesländern in der Regel ein Abschussgebot außerhalb der Rotwildgebiete, das vor allem die für den genetischen Austausch wichtigen wandernden Hirsche betrifft. Diese Vorgaben hemmen den Genfluss im Vergleich zu Gebieten, in denen sich Rotwild frei bewegen kann, stark. Im Rahmen der Novellierung des Landesjagdgesetzes in Rheinland-Pfalz ist die Auflösung der Rotwildbewirtschaftungsbezirke vorgesehen.

Fazit:

Landschaft ist eine begrenzte natürliche Ressource. Ihre nachhaltige Nutzung muss sowohl die Belange der Menschen als auch den Erhalt der heimischen Artenvielfalt berücksichtigen. Dies erfordert eine intelligente Planung. Die rigide Festlegung von Lebensräumen für das Rotwild widerspricht wissenschaftlichen Erkenntnissen und einem modernen Wildtiermanagement. Hingegen eignet sich der weiträumig agierende Rothirsch als Leitart für den überregionalen Biotopverbund im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes (§ 21).

Forderungen

  1. Das Bundesprogramms Wiedervernetzung, das bereits 2012 vom Bundeskabinett beschlossen wurde, muss konsequent und zügig umgesetzt werden. Bis 2030 müssen mindestens 100 Querungshilfen über das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) und das Bundesprogramm Wiedervernetzung gefördert werden. Denn ohne ausreichend Querungshilfen haben unsere Wildtiere keinen „Passierschein“ in die Zukunft.
     
  2. Deutschland ist verpflichtet, das auf EU-Ebene beschlossene Nature Restoration Law umzusetzen. Dabei müssen Wanderkorridore für den Rothirsch erhalten und wiederhergestellt werden.
     
  3. Die umgehende, wissenschaftlich begründete Auflösung amtlicher Rotwildbezirke und begleitend dazu die Entwicklung von Managementstrategien für das Rotwild mit dem Ziel, vitale Populationen als Teil der heimischen Artenvielfalt zu erhalten.
     
  4. Die sofortige Einrichtung von Länderarbeitsgruppen (Vertreter der Wissenschaft, Landnutzer, Verbände, Behörden) zur Entwicklung und Evaluierung geeigneter Managementstrategien.
     
  5. Eine Wildökologische Raumplanung muss im Spannungsfeld konkurrierender menschlicher Nutzungsinteressen die Bedürfnisse der Wildtiere sicherstellen. Sie kann als Planungs- und Steuerungsinstrument beispielsweise in Landschaftsrahmenplänen implementiert werden.
     
  6. Die Bejagung muss wildtierökologische sowie tier- und jagdethische Erfordernisse erfüllen und darf sich nicht einseitig an Nutzerinteressen orientieren. Das umfasst:
  • eine naturnahe Geschlechter- und Altersstruktur (Erhalt der Sozialstruktur)
  • ein Abschussverbot für wandernde Hirsche (wichtig für genetischen Austausch)
  • die Wahrung des Elterntierschutzes (endet nicht mit der Säugezeit, sondern geht bis ins Folgejahr).

Verwendete Literatur

www.destatis.de

Balkenhol, N.; Westekemper, K. (2022): Auswirkungen der Landschaftszerschneidung auf den Rothirsch (Cervus elaphus) in Deutschland: eine landschaftsgenetische Studie. Abteilung Wildtierwissenschaften, Georg-August-Universität Göttingen.

Reimoser, F.; Hackländer, K. (2016): Wildökologische Raumplanung – Chancen und Grenzen. OÖ Jäger: 43-50.

Reiner, G.; Willems, H. (2021): Genetische Isolation, Inzuchtgrade und Inzuchtdepressionen in den hessischen Rotwildgebieten. Beiträge zur Jagd- und Wildforschung Bd.46: 161 – 184.

DJV-Delegiertenversammlung in Mainz, 22. Juni 2024

Das Waffenrecht ist immer wieder Gegenstand öffentlicher Debatten. In einem Positionspapier stellt der DJV zentrale Forderungen an die Politik.

Für Jägerinnen und Jäger stellen Schusswaffen ein unverzichtbares Werkzeug bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben dar – die auch im öffentlichen Interesse liegen und dem Allgemeinwohl dienen. Ebenso wie andere legale Waffenbesitzer, beispielsweise Sportschützen und Sammler historischer Waffen, gehen Jägerinnen und Jäger verantwortungsvoll mit Waffen um, sind sachkundig und werden regelmäßig sowie umfassend behördlich überprüft.

Keine Waffen für Kriminelle, Extremisten und Terroristen

Gewisse Hürden für den privaten Waffenbesitz und seine Kontrolle sind dabei erforderlich, um Missbrauch von Waffen und den Waffenbesitz von Kriminellen, Extremisten und Terroristen zu verhindern.

Wir sehen allerdings die Gefahr, dass durch immer weitere Verschärfungen des Waffenrechts dieses Ziel verfehlt wird – und gleichzeitig als "Kollateralschaden" die Anforderungen an den legalen Waffenbesitz in unverhältnismäßiger Weise steigen – ohne, dass die innere Sicherheit davon profitiert. Verschärfungen des Waffengesetzes treffen nur diejenigen, die sich an die Gesetze halten – nicht Kriminelle, Extremisten, Terroristen und andere illegale Waffenbesitzer.

Immer mehr Bürokratie erschwert Kampf gegen illegalen Waffenbesitz

Durch einen immer höheren bürokratischen Aufwand wird die Arbeit der Waffenbehörden erschwert und es werden Kapazitäten mit weitgehend sinnlosen Aufgaben gebunden, die dann für die Bekämpfung des illegalen Waffenbesitzes fehlen.

Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahren

Die Praxis zeigt, dass der verfassungsrechtlich bedeutsame Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unter die Räder gerät, indem jegliche Abwägung mit Verweis auf die Gefährlichkeit von Waffen zu Lasten des zuverlässigen, sachkundigen und verantwortungsbewussten legalen Waffenbesitzers geht.

Deutschland hat schon jetzt eines der strengsten Waffengesetze der Welt. Weitere Verschärfungen bringen kaum einen Sicherheitsgewinn. Im Gegenteil: Sie können sogar kontraproduktiv sein.

Bei einer Änderung muss zudem geprüft werden, wo Erleichterungen möglich sind und ob bestehende Regelungen verhältnismäßig sind. Insbesondere in Fragen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ist eine differenzierte Kasuistik erforderlich, die an nur geringfügige Verstöße keine drastischen Maßnahmen knüpft.

Zurückliegende Anpassungen ergebnissoffen evaluieren

Die Erfahrung zeigt, dass nicht fehlende oder unzulängliche gesetzliche Regelungen das Problem sind, sondern eine mangelhafte Anwendung der bestehenden Regelungen. Fast schon reflexartig wird nach Straftaten, die so gut wie nie mit legalen Waffen verübt werden, nach einer Verschärfung des Waffengesetzes gerufen. Dabei ist das Waffengesetz in den letzten Jahren wiederholt angepasst worden. Weitere Verschärfungen bedürfen daher einer besonderen Begründung. Vor einer weiteren Änderung müssen die zurückliegenden Anpassungen ergebnisoffen evaluiert werden. Evaluation geht vor Novellierung.

Straftaten mit legalen und illegalen Waffen separat erfassen und analysieren

Straftaten, die mit legalen und illegalen Waffen verübt werden, müssen separat erfasst und analysiert werden, um zu sehen, wo das Problem liegt. Zudem muss geprüft werden, wo Ergänzungen und Nachbesserungen der letzten Änderungen überhaupt sinnvoll und geboten sind.

Vorhandene (aber bedauerlicherweise nicht aktuelle) Daten zeigen, dass das wesentliche Problem die illegalen Waffen sind, nicht die legalen. Daher muss der Fokus des Gesetzgebers und der Behörden auf der Bekämpfung des illegalen Waffenbesitzes liegen.

Fulda, DJV-Präsidium, 15. Juni 2023

Viele Schwanen-, Gänse- und Entenarten, die in Deutschland Jagdzeit haben, weisen stabile Bestände oder positive Trends auf. Ihre Bejagung als Form der nachhaltigen Nutzung gefährdet den Bestand der Arten deshalb nicht.

Als gute fachliche Praxis für die waidgerechte Bejagung von Gänsen, die an die Jägerinnen und Jäger besondere Ansprüche stellt, gelten folgende Empfehlungen:

  • Eine Bejagung von Gänsen zur Schadensabwehr sollte nach Möglichkeit mit einem Konzept aus Vergrämungs- und Ruheflächen erfolgen.
     
  • Gänsejagden sollten vorrangig morgens an Schad- und Äsungsflächen abseits der Schlafgewässer stattfinden. Da Gänse sehr scharf äugen und insbesondere kleinste Bewegungen wahrnehmen können, ist auf besondere Tarnung zu achten.
     
  • Im Hinblick auf die Effizienz der Bestandsreduzierung, sollten revierübergreifende Gänsejagden durchgeführt werden, die eine gewissenhafte Planung und Vorbereitung verlangen:
    - die Flugrouten und aufgesuchten Äsungsflächen sind kurz vor dem Jagdtag auszukund-schaften. Die vorkommenden Gänsearten sind zu bestimmen, wobei auf gefährdete Arten besonders zu achten ist.
    - abgeerntete Getreide- oder Maisfelder sind als Jagdflächen zu bevorzugen
    - soweit zulässig, sind die Monate August bis November am erfolgversprechendsten (gegen Ende der Jagdzeit sind die Gänse deutlich vorsichtiger geworden, was eine Tarnung schwieriger macht)
     
  • Besonders bewährt hat sich die Jagd mit künstlichen Lockvögeln, akustischen Gänselockern und sogenannten Gänseliegen. Dabei platziert man ca. 20 bis 60 Halbschalen oder faltbare Lockgänse in U-Form, um einfallenden Gänsen einen Landeplatz vorzugeben. Die Liegen (mit geeignetem Material der Umgebung verblendet) werden direkt ins Lockbild integriert. Erlegte Gänse können – gut platziert – die Wirkung des Lockbildes verbessern.
     
  • Bei der Gänsejagd ist schnelles und präzises Ansprechen gefordert. Neben dem äußeren Erscheinungsbild sollten auch die Gänserufe zur sicheren Identifizierung der Gänsearten herangezogen werden.
     
  • Zu beachten ist, dass Gänse stets gegen den Wind einfallen und man sich am besten mit Rücken- bzw. Seitenwind ansetzt. Sofern die Gänse über Kopf einfliegen, ist Erfahrung bzw. Zurückhaltung geboten, um ein Krankschießen zu vermeiden!
     
  • Die maximale Schrotschussentfernung beträgt in der Regel 25 bis 30 Meter. Das bedeutet, erst dann schießen, wenn die beim Fliegen anliegenden Ständer der Gänse deutlich erkennbar sind! Bei der Lockjagd sollte keine Attrappe weiter als 30 Meter von den Liegen platziert werden – dies erleichtert das Einschätzen der Entfernung.
     
  • Beim Schrotschuss auf Wasserfederwild geht Deckung vor Schrotgröße (Kopf- und Halsbereich sollte als Trefferfläche bevorzugt werden). Bei Verwendung bleifreier Schrot-munition sind Schrotgrößen ab 3,0 mm zu wählen, je nach Jagdart und Schussentfernung. Bei der Verwendung ist auf den jeweiligen Beschuss der vorhandenen Flinte zu achten.
     
  • Beim Einzelabschuss aus kleinen Gänsetrupps zur Vergrämung auf Schadflächen mit der kleinen Kugel, muss auf ausreichenden Kugelfang geachtet werden.
     
  • Brauchbare Jagdhunde sind in ausreichender Anzahl je nach gewählter Jagd- und Wildart mitzuführen.
     
  • Es ist sicherzustellen, dass Nachsuchen unverzüglich und auch revierübergreifend durch-geführt werden können.
     
  • Insbesondere bei der Sommerjagd auf Gänse, ist für ein rechtzeitiges Versorgen und Kühlen des Wildbrets Sorge zu tragen.
     
  • Es ist eine artengenaue Streckenstatistik zu führen.
     
  • Sofern Gänse beringt sind, sollten die Ringdaten, insbesondere zur Unterstützung der wildbiologischen Forschung, an die entsprechenden Vogelschutzwarten gemeldet werden.

Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die länderspezifischen Regelungen bzgl. Jagd-barer Arten und deren Jagdzeiten sowie auf § 1 (3) der Bundesjagdzeitenverordnung, nach dem innerhalb der Jagdzeit die Jagd nur Zeiträume und Tageszeiten umfassen darf, in denen nach örtlich gegebenen äußeren Umständen für einen Jäger die Gefahr der Verwechslung von Tierarten nicht besteht.

Die Energiewende ist grundsätzlich im Interesse aller Umwelt- und Naturschutzverbände. Eine ungelenkte Errichtung von Windenergieanlagen (WEA) im Wald wird aus Jagd- und Naturschutzsicht allerdings mit großer Sorge betrachtet.

Anfang Juli 2022 hat der Bundestag das sogenannte Osterpaket, bestehend aus verschiedenen Gesetzen zum beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, verabschiedet. Damit soll deren Anteil an der Stromversorgung bis 2030 auf 80 % steigen. Zum Paket gehören u.a. das Erneuerbare- Energien-Gesetz (EEG), das Gesetz zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land sowie eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes.
Das gesamte parlamentarische Verfahren wurde unter enormen Zeitdruck durchgesetzt, einzelne Naturschutzverbände nicht angehört, der Arten- und Biotopschutz dabei vielfach dem überragenden öffentlichen Interesse und der öffentlichen Sicherheit untergeordnet und dadurch deutlich geschwächt. So wurden u.a. Landschaftsschutzgebiete für die Suche nach Flächen für Windenergieanlagen (WEA) geöffnet; die als „abschließend“ bezeichnete Liste von nur noch 15 planungsrelevanten, kollisionsgefährdeten Vogelarten dürfte sogar europarechtswidrig sein; artspezifische Abstandsvorgaben von WEA zu Brutplätzen bzw. Horstbäumen streng geschützter Vogelarten bleiben hinter fachwissenschaftlichen Empfehlungen wie dem „Helgoländer Papier“ und bestehenden Länderregelungen zurück (besonders deutlich bei Schreiadler und den drei Weihenarten). Auch spielen bei der Beurteilung von Windeignungsflächen der Erhalt von Migrationskorridoren bzw. Verbundachsen von Großsäugern kaum keine Rolle. Eine Unterscheidung zwischen WEA im Offenland oder im Wald wird in den Gesetzen nicht getroffen, wenngleich die Windenergienutzung im Wald gesellschaftlich besonders kontrovers diskutiert wird.

Die Energiewende ist grundsätzlich im Interesse der Umwelt- und Naturschutzverbände, dies darf allerdings nicht zu Lasten des Natur- und Artenschutzes geschehen. Eine beschleunigte, ungelenkte Errichtung von WEA im Wald jedoch, die insbesondere durch die Ausweitung der Infrastruktur zu weiterem Habitatverlust, Zerschneidung und funktionalen Beeinträchtigungen des Lebensraumes Wald führt, wird auch vor dem Hintergrund o.g. Rechtsunsicherheiten von der Jägerschaft mit großer Sorge betrachtet. So stellt der Wald für einige gefährdete Arten einen Großteil, wenn nicht sogar ihr gesamtes Habitat dar (u.a. Schwarzstorch, Wespenbussard, Luchs, Wildkatze).
Um die Energiewende in Deutschland sicher zu stellen, werden voraussichtlich auch Waldstandorte benötigt, dies sollte aber sehr restriktiv gehandhabt werden. Vor allem die Zuwegung zu WEA muss naturschutzkonform oder -fördernd erfolgen bzw. ausgeglichen werden, störungsempfindliche Arten dürfen nicht beeinträchtigt werden (z.B. Sperrung für Publikumsverkehr, Verhinderung unbefugten Befahrens). Dazu sollten sowohl Gestaltungsprinzipien wie auch Leitlinien entwickelt werden, an denen sich die Genehmigungsbehörden orientieren können.
Insofern kommt den Ländern nun eine große Verantwortung zu, durch eine naturverträgliche Flächenauswahl unter Freihalten sensibler Naturräume, guter Planung, Berücksichtigung neuester Untersuchungs- und Bewertungsverfahren sowie umfassender Nutzung technischer Präventivmaßnahmen Konflikte zwischen Windenergie und Naturschutz so gering wie möglich ausfallen zu lassen.

Bei der Errichtung von WEA im Wald müssen aus Sicht des DJV die folgenden Kriterien beachtet werden:

  1. Entscheidendes Kriterium für den Bau von WEA im Wald ist die Eignung des Standortes. Hier ist die Windhöffigkeit von besonderer Bedeutung. Um die Eingriffe in den Wald und damit in die natürlichen Lebensräume der waldgebundenen Tierarten zu minimieren, sollten die Flächen mit der besten Windhöffigkeit und den geringsten Konflikten mit dem Natur- und Artenschutz als Vorrangflächen planerisch im Rahmen der Regionalplanungen eingestuft werden. An diesen Standorten sind die WEA zu konzentrieren. Hierbei ist dem Bau hoher, maximal leistungsfähiger Anlagen, der Vorzug vor mehreren kleinen Anlagen zu geben.
    Ausschlussgebiete für WEA sollten Naturschutzgebiete, Nationalparks und Nationale Naturmonumente, Kernzonen von Biosphärenreservaten, geschützte Biotope, sowie die FFH- und Vogelschutzgebiete des europäischen Netzwerks Natura 2000 sein.

    Intakte Wälder sind naturschutzfachlich oft wertvolle Ökosysteme, die einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz, zur CO2-Speicherung, zum Wasserhaushalt sowie zum Erhalt der Biodiversität leisten. Dennoch sind Wälder von unterschiedlichem ökologischem Wert. So sollten alte und artenreiche Laubund Mischwälder oder solche mit einem hohen Anteil an Höhlenbäumen von der Windenergienutzung ausgeschlossen werden. In Betracht kommen dagegen insbesondere naturferne Nadelholzbestände. Die Eignung von Kalamitätsflächen (Vorschädigung durch u.a. Sturm oder Borkenkäfer) für WEA ist eine Frage des Einzelfalls und sehr sorgfältig mit den Zielen eines nachhaltigen Waldumbaus abzuwägen. Gerade die jungen Sukzessionsstadien von Wäldern sind für viele Vogelarten von größter Bedeutung (u. a. Birkhuhn oder Waldschnepfe).

     
  2. Insgesamt sind die Beeinträchtigungen durch den Bau von WEA im Wald so weit wie möglich zu minimieren (Vermeidungsgebot), z.B. durch eine geringe Flächeninanspruchnahme für den Bauplatz der Anlage selber wie auch für die Zuwegung, die Lagerflächen und die Einspeisungsknoten. WEA sollten vorrangig in der Nähe bereits vorbelasteter Bereiche, wie Straßen, errichtet werden, dies für Tiere und Pflanzen in störungsarmen Zeiträumen. Die an den Wald grenzenden Säume der Anlagen und Zuwegungen sind nach guter forstlicher Praxis so zu gestalten und dauerhaft zu pflegen, dass sie ein Höchstmaß an ökologischem Wert aufweisen. Durch notwendige Versiegelung abfließendes Oberflächenwasser sollte möglichst so geleitet werden, dass es im Wald verbleibt.
    Auf den Bau von WEA an Engstellen von Wildtierkorridoren und Vernetzungssträngen / Biotopverbundplanungen sowie im Umfeld von Querungshilfen an Verkehrswegen ist zu verzichten. Nach dem Stand der Wissenschaft sind alle bestehenden und künftigen WEA mit temporären Abschaltungen und Warnmechanismen (Antikollisionsschutz) auszurüsten, die Greif- und Zugvögel sowie Fledermäuse schonen. Unabdingbar ist der Verzicht auf die Errichtung von WEA im Bereich von Reproduktions- und Rastvorkommen oder Quartieren störungssensibler Tierarten (z.B. Luchs, Wildkatze, Fledermäuse, Raufußhühner, Seeadler, Schreiadler, Rotmilan, Uhu, Schwarzstorch, Waldschnepfe). Für viele dieser Arten hat der Wald einen ganz besonderen Stellenwert als Lebensstätte oder Rückzugsort.

     
  3. Der DJV fordert eine an modernen Fachstandards ausgerichtete Untersuchungs- und Genehmigungspraxis. Beschleunigte Verfahren dürfen nicht zu Lasten des Artenschutzes, des Biotopverbundes oder der Wildwegeplanungen gehen. In alle Vorhaben sind kompetente Institutionen, Planungsbüros und vor allem auch Wildbiologen hinzuzuziehen und die Empfehlungen der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (sog. „Helgoländer Papier“, siehe unten) hinsichtlich der Artenauswahl und Abständen zu Brutplätzen sind in vollem Umfang weiterhin zu berücksichtigen. Neue fachliche Kenntnisse sind einzubeziehen.
    Für jede WEA und die damit verbundene Erschließung, Versiegelung und Störung sind Ausgleichsmaßnahmen zum Erhalt der vorkommenden Tierarten und ihrer Lebensräume zu erbringen. Notwendige Ausgleichsmaßnahmen sind im Rahmen der landschaftspflegerischen Begleitplanung ausschließlich für die Neuwaldbegründung bzw. ökologische Aufwertung von Wäldern heranzuziehen.
    Umweltverträglichkeitsgutachten müssen weit mehr als bisher die Auswirkungen auf die Wildtiere berücksichtigen, eine wildbiologische Begleitplanung ist zwingend erforderlich. Auch muss nach der Betriebszeit der vollständige Rückbau der WEA (einschließlich der Erdfundamente) mit seinen Bau- und Betriebsstraßen sowie eine umfassende Rekultivierung des gesamten Areals für jede einzelne WEA sichergestellt sein.

     
  4. Kompensationsmaßnahmen für den Bau von WEA dürfen nicht durch Kompensationszahlungen ersetzt werden. Vielmehr sollten sie in einem engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang zum Eingriff stehen. Sie müssen auch die flächige Wirkung von WEA und die zugehörige Infrastruktur berücksichtigen. Nur wenn dies nicht möglich ist, können Realinvestitionen in ökologische Korridore / Wildtierwege / Waldlebensraumnetze erwogen werden. Kompensationsmaßnahmen müssen immer funktional in ein Lebensraumverbundsystem integriert werden. Ziel der Maßnahmen muss dabei auch die Schaffung dauerhaft unzerschnittener Ruhezonen mit Nahrungsflächen für Wildtiere, insbesondere in deren Einstandsgebieten, sein. Wichtig ist also die konsequente Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen im Sinne raumübergreifender Schutzkonzepte für die betroffenen Arten.
    Die beschlossenen und durch das BfN zu entwickelnden Nationalen Artenhilfsprogramme „zum dauerhaften Schutz insbesondere der durch den Ausbau der Erneuerbaren Energien betroffenen Arten, einschließlich deren Lebensstätten“ scheinen eine fragwürdige Lösung für funktionserhaltende Maßnahmen zu sein. Dies wird erkennbar an den vorgesehenen praktischen Abläufen und der erforderlichen räumlichen Steuerung. Letztlich sollen auch die Anlagenbetreiber zu deren Finanzierung mit beitragen, was keinesfalls zu einem reinen „Ablasshandel“ führen darf. Noch ist unklar, wann die Maßnahmen überhaupt zur Verfügung stehen, welchen notwendigen Umfang sie aufweisen müssen und auf welchen Flächen sie umgesetzt werden können.

     
  5. Die bisherigen Kenntnisse über die Auswirkungen von WEA auf bodenlebende Säugetiere, insbesondere Schalenwild sind noch unzureichend. Störeinflüsse können aus dem Bau, aus dem Betrieb der Anlage oder aus der Nutzung der zugehörigen Infrastruktur entstehen. Sie hängen stark vom Standort im jeweiligen Lebensraum und der Dichte der Anlagen ab. Bisherige Studien und Erfahrungen mit Rotwild deuten darauf hin, dass WEA im Bereich von Wanderkorridoren / Fernwechseln erhebliche störende Auswirkungen haben können. Dies gilt nicht nur für Wald, sondern insbesondere auch für offene Lebensräume.
    Um derartige Wanderhindernisse und eine zusätzliche Zerschneidung von Wildtierlebensräumen und -populationen zu vermeiden, sind vor der Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung in potentiell sensiblen Lebensräumen entsprechende wildbiologische Untersuchungen, ggf. auf Basis einer wildökologischen Raumplanung durchzuführen. So sind speziell die Wirkung der Zuwegung und der Unterhalt der WEA sowie Möglichkeiten zu deren naturverträglicher Gestaltung zu untersuchen. Dabei sind Win-Win-Lösungen anzustreben.

     
  6. Mit der Planung, dem Bau und dem Betrieb von WEA sind durch Voruntersuchungen, Erschließung und Baubetrieb Eingriffe in die Jagdausübung verbunden. Bereits in der Planungsphase kann es durch vorgeschriebene faunistische Erhebungen zur Beeinträchtigung der Jagdausübung kommen. Die anschließende Einschränkung der Jagdausübung durch Beunruhigung des Wildes im Umkreis der Baustelle wird verstärkt durch die Erschließung von Waldbereichen und einer daraus folgenden dauerhaften Beunruhigung durch Betreiber- und Besucherfrequenz. Eine mit dem Bau potentiell erhebliche Minderung des Jagdwertes und die erschwerte Bejagbarkeit, müssen in angemessener Weise ausgeglichen werden.

     
  7. Der fachliche Austausch zwischen allen Betroffenen – also Waldbesitzern, Jagdausübungsberechtigten, Behörden, Naturschutzverbänden und anderen Interessengruppen – ist zu fördern und zu intensivieren. Darüber hinaus sind die in vielen Bundesländern bereits eingesetzten interdisziplinären Arbeitsgruppen mit Vertretern von Planungsträgern zu institutionalisieren.

 

Weiterführende Informationen zum Thema:

Fachagentur Windenergie an Land e.V. (FA Wind), Berlin.
www.fachagentur-windenergie.de/themen/windenergie-im-wald.html

Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten (LAG VSW) (2014): Abstandsempfehlungen für Windenergieanlagen zu bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Vogelarten. „Helgoländer Papier“, in der Überarbeitung vom 15. April 2015. Ber. Vogelschutz 51: 15-42.
www.vogelschutzwarten.de

Langgemach, T. & T. Dürr (2022): Informationen über Einflüsse der Windenergienutzung auf Vögel. Landesamt für Umwelt Brandenburg, Staatliche Vogelschutzwarte. Fassung vom 17. Juni 2022.
lfu.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Dokumentation-Voegel-Windkraft.pdf

 

Fulda, DJV-Präsidium, 5. Oktober 2022

Wie gelingt ein wildtierfreundlicher Ausbau von Solarenergie? Das neue DJV-Positionspapier enthält Forderungen und Kriterien für den Bau von Photovoltaik-Freiflächenanlagen.

Der vom Menschen verursachte Klimawandel und der Verlust an Biodiversität stellen die Gesellschaft aktuell und künftig vor große Herausforderungen. Auf dem Weg zur Klimaneutralität bis spätestens 2045 beabsichtigt die Bundesregierung den Ausbau der Erneuerbaren Energien drastisch zu beschleunigen. So wird künftig neben der Windenergie insbesondere der Solarenergie eine besondere Bedeutung zukommen. Als deren Ausbauziel für 2030 visiert die Bundesregierung eine installierte Photovoltaik-Leistung von 215 Gigawatt an – fast eine Verdreifachung der heutigen Leistung bei einer angenommenen Flächeninanspruchnahme von bis zu 70.000 Hektar. Insofern öffnet sich hier ein lukratives Geschäftsfeld für Großinvestoren, wobei bereits Anlagen von 250 Hektar und mehr geplant sind.

Jede Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen (PV-FFA) geht mit Veränderungen für die Natur, die Biodiversität und das Landschaftsbild einher, Flächen für Nahrungs- bzw. Futtermittelproduktion werden in Anspruch genommen. Eine naturverträgliche Standortwahl spielt eine entscheidende Rolle. Daher ist stets vorrangig zu prüfen, ob derartige Anlagen auch siedlungs- bzw. verkehrsflächenintegriert oder gebäudegebunden errichtet werden können bzw. wo diese zur Pflicht werden sollten, um ihre Auswirkungen auf Landschaft und Tierwelt zu minimieren. Die Begrenzung der Wirkleistung von privaten Solaranlagen (s. § 9 EEG 2021) sollte gestrichen werden.

Der Deutsche Jagdverband erkennt die dringende Notwendigkeit des Klimaschutzes und des Ausbaus regenerativer Energiequellen an. Er ist sich der Bedeutung und der Konfliktträchtigkeit der Handlungsfelder bewusst, auch weil in vielen Bereichen Wildtiere und ihre Lebensräume direkt oder indirekt betroffen sind. Zu berücksichtigen ist, dass Solaranlagen eine sehr hohe Energieeffizienz besitzen; mit ihnen können pro Hektar 40-mal mehr Energie erzeugt werden als mit einer Biogasanlage. Klimaschutz, Biodiversitätsschutz und Ernährungssicherung dürfen nicht separat betrachtet und gegeneinander ausgespielt werden. Dies bedingt auch, dass technischen Weiterentwicklungen der Sonnenkollektoren Rechnung getragen wird (z.B. Bifaziale Module). Damit ist sichergestellt, dass möglichst viel Energie pro verbauter Fläche erzeugt wird.

Um Natur- und Klimaschutz zu vereinbaren, fordert der DJV Politik, Planungs- und Genehmigungsbehörden dazu auf, PV-FFA wildtierfreundlich zu planen, zu errichten und zu gestalten. Dies schließt auch den Rückbau mit ein. Naturschutzfachlich sinnvoll gestaltet können PV-FFA zur Sicherung der biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft beitragen. Letztlich bedarf es der Einführung gesetzlicher Standards für die Planung und Genehmigung großflächiger PV-FFA. Diese sollten auch eine Wildbiologische Begleitplanung beinhalten. Entsprechende Standards führen zu mehr Planungssicherheit und zu einer Vereinfachung der Verwaltungspraxis. Die dadurch erzielte Verfahrensbeschleunigung darf jedoch nicht zu Lasten des Artenschutzes sowie des Biotopverbundes gehen.

Naturschutzfachliche Anforderungen an die Errichtung von PV-FFA

Ziel muss es sein, dass bei der Errichtung von PV-FFA der Naturraum und seine ökologische Funktion erhalten bleiben oder aufgewertet werden und Ausschlussgebiete eingehalten werden. So sind Schutzgebiete des Naturschutzrechts (wie z.B. Nationalparke, Natura 2000-Gebiete, Naturschutzgebiete, Flächen des Biotopverbundsystems, Bannwälder, Dauergrünland auf Moor- und Anmoorböden, bestimmte Wasserflächen) für PV-FFA tabu. Idealerweise erfolgt auf Landesebene, bspw. im Rahmen der Erstellung von Regionalplänen, die Festlegung von Eignungsflächen für PV-FFA. Dies kann auch für wiedervernässte Moorböden gelten. Die Jägerschaft sollte, wie bei anderen Beteiligungsprozessen auch, aktiv eingebunden werden.
Solarparks sollten primär auf bereits versiegelten oder vorbelasteten Flächen (z.B. Gebäudedächern, Parkplätzen, entlang von Autobahnen oder Schienenwegen), Konversionsflächen oder auch intensiv genutzten Ackerflächen errichtet werden. Hier besteht im Allgemeinen ein hohes Potential für die ökologische Aufwertung. Der bisher nach EEG vorgeschriebene Abstand von 15 m zwischen der Verkehrsinfrastruktur und der PV-FFA ist auf mindestens 50 m breite Wildlebensräume mit Deckung zu erhöhen. In Verbindung mit Querungshilfen/Grünbrücken können so wertvolle Vernetzungsstrukturen entstehen.

  • Erhaltung von Wanderkorridoren
    Die Grundstücke der PV-FFA werden i.d.R. aus versicherungstechnischen Gründen eingezäunt (Schutz vor Vandalismus/Diebstahl oder zum Zwecke der Nutztierhaltung). Somit entstehen in der freien Landschaft Barrieren für größere Säugetiere, welche auch den Lebensraum von Wildtieren beschränken, letztlich auch die bejagbare Fläche des jeweiligen Revieres. Fernwechsel bzw. starke Wildwechsel sind durch Kartierung und/oder eine qualifizierte Befragung des Jagdausübungsberechtigten zu ermitteln. Sie müssen in ihrer Funktion zwingend erhalten werden, um Wanderungen bzw. genetischen Austausch zwischen Individuen nicht zu behindern. Lebensraumkorridore/Achsen des Biotopverbunds sowie deren Funktion sind bundesweit, landesweit und regional zu ermitteln (vgl. die vom BfN veröffentlichten Verbundachsen für waldgebundene Großsäuger oder den Generalwildwegeplan Baden-Württembergs) und zu sichern. Wildtierwege/Fernwechsel müssen auf einer Breite von mindestens 300 m von PV-FFA freigehalten werden. Große Solarparks sollten mindestens alle 500 m von ca. 50 - 60 m breiten Querungskorridoren mit Gehölzbestand durchzogen werden und sie dürfen nicht als Wander-, Reit- und/oder Fahrradweg genutzt werden.
    Ist eine Zäunung der Anlagen unvermeidbar, so muss diese zumindest für kleinere Wildtierarten durchlässig sein (ca. 20 cm Mindestabstand zum Boden oder Integration von Wildtierdurchlässen), um die Fläche nicht als Nahrungsquelle oder Rückzugsgebiet zu verlieren. Die Verwendung von Stacheldraht ist zu vermeiden. Wo immer möglich sollten die Jagdausübungsberechtigten aus Gründen der Niederwildhege Einrichtungen zum Fang von Prädatoren in unmittelbarer Nähe der PV-FFA betreuen.
     
  • Mit sinnvoller Planung zu mehr Biodiversität
    Die überbaute Gesamtfläche des Solarparks sollte 70 Prozent (Grundflächenzahl, GRZ 0,7) nicht übersteigen. Hinsichtlich Form, Farbe und reflektierender Eigenschaften sind die Anlagen bestmöglich in das Landschaftsbild einzubinden, was sich zumeist auch positiv auf die Akzeptanz der Bevölkerung auswirkt. Wichtig ist ein ausreichender Abstand zwischen den Modulreihen (mindestens 3 m). Die Arbeitsbreite landwirtschaftlicher Maschinen, die im Rahmen der Flächenpflege zum Einsatz kommen, ist zu bedenken.
    Durch eine naturschutzfachlich sinnvolle Gestaltung können PV-FFA zur Sicherung der Biologischen Vielfalt in der Kulturlandschaft beitragen. Dies gelingt z.B. durch die Einfriedung mittels standortgerechter Niederhecken, die Förderung eines artenreichen Unterwuchses, die Anlage von Feuchtbiotopen mit Freiwasserzone oder Refugien für Reptilien, Vögel und Insekten (durch Lesesteinhaufen, Nisthilfen, Käferbänke, etc.). Zudem sollte der Ausgleich des Eingriffs entweder auf der Fläche selber oder im unmittelbaren Umfeld stattfinden, z.B. durch zusätzliche Strukturen oder mehrjährige Blühbrachen, um die Funktionalität der Maßnahmen im Solarpark zu gewährleisten. Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität, der ökologischen Umfeldgestaltung sowie ein Pflegekonzept (u.a. Vermeidung von Stoffeinträgen, standortangepasstes Mahd- oder Beweidungsmanagement) müssen verbindlich in die Plangenehmigung aufgenommen werden. Vor Ort sollte die wildtierfreundliche Gestaltung der Anlage in Zusammenarbeit mit den Jagdausübungsberechtigten erfolgen.
     
  • Ökologische Begleitforschung
    Die Möglichkeiten der ökologischen Aufwertung von Flächen durch Solarparks sind vielfältig, bislang liegen aber kaum wissenschaftliche Erkenntnisse darüber vor. So besteht insbesondere Forschungsbedarf zum Meideverhalten bestimmter Arten (z.B. Bodenbrüter) oder zur Entwicklung von Bodenorganismen unter Solarmodulen. Dies gilt vor allem auch für Auswirkungen von Agri-PV-Anlagen auf abiotische Faktoren bzw. Belange von Naturschutz und Landschaftspflege. Daher empfiehlt der DJV die Begleitung einiger dieser Projekte durch wissenschaftliche Einrichtungen, um durch zusätzliche Expertisen mehr Handlungssicherheit zu erlangen.
    Photovoltaik-Anlagen auf Gewässern, sog. Floating-PV-Anlagen, eignen sich aufgrund konkurrierender Interessen und Schutzgüter in erster Linie für stehende, künstliche Gewässer, wie in Auskiesung befindliche Baggerseen. Da mit ihnen bislang weder wasserwirtschaftliche oder gewässerökologische noch naturschutzfachliche Erfahrungen (insbesondere Auswirkungen auf Rast- und Zugverhalten von Vögeln, siehe „Lake-Effekte“) gesammelt werden konnten, lehnt der DJV die Errichtung derartiger Anlagen zurzeit ab.
     
  • Bejagung der Reviere erhalten
    Durch die Errichtung von PV-FFA muss eine ordnungsgemäße, auch der Landeskultur dienende Bejagung der Reviere, möglich bleiben. Deshalb sind entsprechende Abstände von PV-FFA vom Waldrand einzuhalten und Wechselmöglichkeiten für Wildtiere zu erhalten. Eine durch den Bau der PV-FFA potentiell erhebliche Minderung des Jagdwertes und die erschwerte Bejagbarkeit der Flächen, müssen in angemessener Weise ausgeglichen werden.

 

Wernigerode, DJV-Präsidium, 23. Juni 2022

Der Deutsche Jagdverband (DJV) fordert in einem aktuellen Positionspapier zeitnah die Aufnahme des Wolfs in das Bundesjagdgesetz, um bundeseinheitliche Regelungen zum künftigen Umgang mit dem Wolf auszugestalten. Eine generelle Bejagung ist damit nicht möglich, da der große Fleischfresser über die FFH-Richtlinie weiterhin streng geschützt ist.

Der Wolf erschließt sich mit hoher Geschwindigkeit neue Lebensräume und hat sich insbesondere in Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt fest etabliert. Der Wolf gehört zur heimischen Fauna. Deutschland ist zu seinem Schutz international verpflichtet (u.a. FFH-Richtlinie Anhänge II und IV).

Nach Angaben des Bundesamtes für Naturschutz umfasste der Wolfsbestand im Monitoringjahr 2020/21 (01.05. - 30.04.) 157 Rudel, 27 Paare und 19 territoriale Einzeltiere. Die meisten Rudel leben demnach in Brandenburg (49), gefolgt von Niedersachsen (35) und Sachsen (29) (BfN 2021). Die Population nimmt seit vielen Jahren exponentiell zu. Der jährliche Zuwachs liegt bei etwa 30 Prozent, wobei es große regionale Unterschiede gibt (Reinhardt et al. 2021). Pro Wolfsrudel leben europaweit durchschnittlich etwa acht Tiere. Nach Schätzungen des DJV werden im Frühsommer 2022 insgesamt etwa 2.000 Wölfe in Deutschland leben. Der DJV fordert in Ergänzung der Monitoringstandards die Ausarbeitung wissenschaftlich fundierter Populationsmodelle, um die Anzahl von den in Deutschland lebenden Wölfen realitätsgetreu und zeitnah abzubilden.

Die deutsch-westpolnische Subpopulation lebt nach Ansicht zahlreicher Experten an der Westgrenze des zusammenhängenden nordosteuropäisch/baltischen Wolfsvorkommens, welches sich zügig ausbreitet und dessen günstiger Erhaltungszustand nie in Frage stand (u. a. Czarnomska et al. 2013, Herzog & Guber 2018). Der DJV fordert die Bundesregierung auf, die Schwellenwerte für die Populationsentwicklung zu definieren, wonach der günstige Erhaltungszustand festzustellen ist. Ein genetischer Austausch zwischen Subpopulationen innerhalb des nordosteuropäischen/baltischen Vorkommens ist vielfach nachgewiesen, auch besteht Austausch mit anderen Populationen wie der apenninisch-alpinen Population und in Polen mit weiteren (Sub)-Populationen (Szewczyk 2019, 2021). Der DJV fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass transparent offen gelegt wird, ob bereits ein signifikant positiver Effekt auf die genetische Vielfalt nachgewiesen werden kann.

Sichtbeobachtungen und Nahbegegnungen nehmen mit steigender Zahl der Wölfe zu, auch Nutztierrisse häufen sich (DBBW 2021). Damit kommt es zu mehr Konflikten. Der Wolf hat keine natürliche Scheu vor dem Menschen (BfN 2017). In unserer Kulturlandschaft wird er sich nicht selbst regulieren, solange seine Lebensraumkapazität nicht erreicht ist. Der DJV weist ausdrücklich darauf hin, dass nach allen bisherigen Erfahrungen die wirtschaftlich-soziale Akzeptanzgrenze sicher vor der biologischen Akzeptanzgrenze des Wolfes erreicht sein wird bzw. in einigen Regionen des Landes bereits erreicht ist. In Deutschland mit der weltweit höchsten Wolfsdichte ist dieser Aspekt wichtiger denn je.

Geeignete Vergrämungsmaßnahmen fehlen. Eine Aufrüstungsspirale beim Herdenschutz kann nicht länger zu Lasten der Betroffenen gehen. Weidetierhaltung ist ein wichtiges Instrument der Landschaftspflege, z.B. für den Erhalt von Heideflächen oder Trocken- und Magerrasen. Auf Küstendeichen und hoch gelegenen Almen sind Weidetiere durch Zäunung jedoch nicht zu schützen, wodurch sich erhebliches Konfliktpotential ergibt. Gleiches gilt für Grünlandregionen mit hoher Weidetierdichte oder die Lebensräume des ebenfalls heimischen Muffelwildes. So ist in der niedersächsischen Göhrde das Muffelwildvorkommen, das eines der ältesten und genetisch wertvollsten war, nach Rückkehr der Wölfe in diese Region nunmehr erloschen.

Der DJV bewertet die letzte Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes Anfang 2020 lediglich als einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Der DJV begrüßt den Passus im Koalitionsvertrag der Bundesregierung, den Bundesländern künftig „europarechtskonform ein regional differenziertes Bestandsmanagement zu ermöglichen“. Auf dieser Basis fordert der DJV die politischen Akteure auf, schnellstmöglich mit der EU-Kommission zentrale Fragen zu klären und dann umgehend zu handeln:

  • Wie sieht ein „europarechtskonformes“ Bestandsmanagement in Deutschland aus? Anders als Deutschland regulieren Frankreich oder Schweden den Wolfsbestand bereits erheblich, obwohl er dort ebenfalls über Anhang IV der FFH-Richtlinie streng geschützt ist.
     
  • Was bedeutet ein „regional differenziertes Management“ des Wolfs in Deutschland? Die Bundesregierung muss Stellung beziehen, ob dafür die Herabstufung des Schutzstatus für Deutschland oder einzelne Bundesländer notwendig ist.
     

Darüber hinaus fordert der DJV:

  • Ein regional differenziertes, aktives Bestandsmanagement auf Grundlage ökologischer und sozioökonomischer Kriterien. Das Zusammenleben von Weidetieren, Mensch und Wolf sowie die Verantwortung gegenüber anderen Wildtieren muss so ausgestaltet sein, dass trotz fortschreitender Ausbreitung der Wolfspopulation möglichst wenige Konflikte auftreten.
     
  • Den Wolf in den Katalog der jagdbaren Arten des Bundesjagdgesetzes aufnehmen. Es braucht abschließende Regelungen für den Umgang mit dem Wolf, um die Trennung der Rechtskreise Jagdrecht und Naturschutzrecht aufrecht zu erhalten.
     
  • Spielräume der FFH-Richtlinie nutzen. Artikel 16 bietet den EU-Mitgliedsstaaten Möglichkeiten, die Deutschland bislang auf Bundesebene ignoriert und in Frage stellt.
     
  • Initiative zur Lockerung des Schutzstatus des Wolfes auf europäischer Ebene ergreifen. Der Wolf sollte baldmöglichst aus Anhang IV (strenger Schutz) in Anhang V (Schutz mit erweiterten Möglichkeiten des aktiven Managements) der FFH-Richtlinie überführt werden. In diesem Zusammenhang sollten auch die Kriterien für die regelmäßigen Monitoringberichte überarbeitet werden. Diese berücksichtigen artspezifische Eigenschaften nur unzureichend. Die aktuellen Kriterien lassen kaum valide Bewertungen für reproduktionsfreudige, anpassungsfähige und weit wandernde Arten wie den Wolf zu. 
     
  • Ein umfassendes Wildtiermanagement etablieren. Wildbiologische, naturschutzfachliche und jagdpraktische Fragen müssen geklärt werden. So beispielsweise die Auswirkungen des Wolfes auf Wildtiere oder die Barrierewirkung wolfssicher gezäunter Flächen auf das Wander- und Ausbreitungsverhalten anderer Tierarten. Ziel ist es, einen artenreichen, gesunden Wildtierbestand zu sichern und genetischen Austausch zu gewährleisten. Dies gilt für Beutetiere gleichermaßen wie für den Wolf. Hierfür müssen auch die derzeit in Deutschland noch bestehenden Rotwildbewirtschaftungsgebiete aufgelöst werden. Die Entwicklung von Wildschäden in Wald und Feld unter zunehmendem Einfluss des Wolfes muss untersucht werden.
     
  • Schaffung wolfs(rudel)freier Gebiete zur Erhaltung einer naturverträglichen Weidewirtschaft, der Deichpflege und zur Sicherung von durch den Wolf gefährdeten Tierarten bzw. gegen die Verschlechterung ihrer Lebensräume.
     
  • Populationsmodelle entwickeln. Die Zahl der in Deutschland lebenden Wölfe ist realitätsgetreu abzubilden. Hierzu ist die Ausarbeitung wissenschaftlich fundierter Populationsmodelle entscheidend.
     
  • Erhaltungszustand beurteilen. Der Erhaltungszustand des Wolfes muss jährlich auf Populationsebene (d.h. grenzüberschreitend auf wissenschaftlicher Grundlage, aber notfalls auch ohne gemeinsames Management oder Monitoring) beurteilt werden. Die Verbindung zu benachbarten Populationen ist zu berücksichtigen.
     
  • Transparenz sicherstellen. Die Monopolstellung des Senckenberg-Instituts für DNA-Analysen und Deutung von Subpopulationen muss aufgelöst werden – sie widerspricht dem Transparenzgedanken, sorgt für Misstrauen in der Bevölkerung und beschleunigt den Akzeptanzverlust.
     
  • Solides Monitoring national ausbauen und grenzüberschreitend aufbauen. Hierzu ist die Einbindung der Jägerschaft entscheidend: das Beispiel Niedersachsen belegt die Vorzüge einer aktiven und federführenden Rolle der Jäger für ein solides und belastbares Monitoring. Die Zahl der von den Ländern ernannten im Monitoring „erfahrenen Personen“ muss sich analog zum Populationswachstum des Wolfsbestandes erhöhen.
     
  • Klare Regelungen für den Umgang mit schwer verletzten Wölfen. Das ist beispielsweise wichtig bei Unfällen im Straßenverkehr und sollte bundesweit geregelt werden. Einige Länder haben hier bereits wegweisende Regelungen gefunden (z.B. Nds. WolfsVO).
     
  • Notstandsregelung für Wolfsangriffe. Diese müssen Vorgaben aus dem Strafgesetzbuch und dem Bürgerlichen Gesetzbuch sinnvoll ergänzen. Ziel ist Rechtssicherheit für Halter von Jagdhunden und Nutztieren.
     
  • Ausgleich von Schäden durch Wölfe an Jagdhunden gesetzlich regeln und aus öffentlichen Mitteln begleichen.


Quellen:

AFN/ Aktionsbündnis Forum Natur (2022): Wildtiermanagement Wolf. Handlungsvorschlag für ein praxisorientiertes Wolfsmanagement in der Kulturlandschaft Deutschlands. 3. völlig überarbeitete Auflage. 52 S.

BfN/ Bundesamt für Naturschutz (2017): Wolfsverhalten – Einschätzung und Handlungsempfehlungen für ein Management. Natur und Landschaft 92 (11): 516-517.

BfN/ Bundesamt für Naturschutz (2021): Aktuelle Wolfszahlen: Bundesweit 157 Rudel bestätigt. URL: https://www.bfn.de/pressemitteilungen/aktuelle-wolfszahlen-bundesweit-157-rudel-bestaetigt (gesehen am: 02.12.2021).

Czarnomska, S. D. et al. (2013): Concordant mitochondrial and microsatellite DNA structuring between Polish lowland and Carpathian Mountain wolves. Conservation Genetics 14: 573-588.

DBBW/Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (2021): Wolfsverursachte Schäden, Präventions- und Ausgleichszahlungen in Deutschland 2020. 40 S.

Herzog, S. und S. Guber (2018): Der naturschutzrechtliche Populationsbegriff als Maßstab zur Beurteilung des Erhaltungszustandes einer Art gem. § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG erläutert am Beispiel des Wolfes (Canis lupus). Natur und Recht 40: 682–688.

Kramer-Schadt, S., Wenzler, M., Gras, P. und F. Knauer (2020): Habitatmodellierung und Abschätzung der potentiellen Anzahl von Wolfsterritorien in Deutschland. BfN-Skript 556. 30 S.

Linnell J., Salvatori, V. and L. Boitani (2008): Guidelines for population level management plans for large carnivores in Europe. A Large Carnivore Initiative for Europe report prepared for the European Commission. Rom.

Reinhardt, I. et al. (2021): Erkenntnisse zur Wiederausbreitung des Wolfs in Deutschland. Natur und Landschaft 96 (1): 19-26.

Szewczyk, M. et al. (2019): Dynamic range expansion leads to establishment of a new, genetically distinct wolf population in Central Europe. Scientific reports, Dec 12; 9(1): 19003.

Szewczyk, M. et al. (2021): Genetic support for the current discrete conservation unit of the Central European wolf population. https://bioone.org/journals/wildlife-biology/volume-2021/issue-2/wlb. 00809/Genetic-support-for-the-current-discrete-conservation-unit-ofthe/10.2981/wlb.00809.full.

 

Berlin, DJV-Präsidium 17. März 2022 

Effektive Seuchenbekämpfung: Der DJV hat 16 zentrale Forderungen an Politik und Behörden aufgestellt.

Die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist unzureichend: Seit dem ersten Nachweis in Brandenburg (10. September 2020) und dem Eintrag in sächsische Schwarzwildbestände (31. Oktober 2020) gibt es einen ineffektiven Flickenteppich von Zuständigkeiten und Vorschriften. Die Seuche breitet sich unvermindert aus. Auch ein Übergreifen des tödlichen Virus auf drei brandenburgische Hausschweinebestände im Juli 2021 konnte nicht verhindert werden. Damit ist eine neue Dimension erreicht. Das Risiko ist inzwischen groß, dass die ASP auch in weiteren Bundesländern auftritt. Eine effektive Eindämmung ist nur möglich, wenn Ausbruchsherde künftig schnell isoliert werden. Hierfür müssen dringend Arbeitsabläufe überarbeitet und Infrastruktur geschaffen werden.

Ohne die Einbindung der Landwirte, Forstwirte und Jäger, die überaus gute regionale Ortskenntnisse und viel Wissen über das Verhalten des Schwarzwilds besitzen wird die ASP-Bekämpfung in Deutschland scheitern. Im Weiteren stellt sich auch die Frage, warum die Landkreise nicht dem Beispiel anderer europäischer Staaten folgt und zur Unterstützung der lokalen Kräfte bei der Fallwildsuche, Amtshilfegesuche zum Beispiel an die Bundeswehr richtet. Auf Landes -und Bundesebene ist ein zentraler Krisenstab einzurichten, der alle Kompetenzen vereint.

Zusammenarbeit vor Ort verbessern

Die Bekämpfung der ASP ist eine nationale Aufgabe - das Virus kennt keine Gemeinde-, Kreis-, oder Ländergrenzen. Deshalb müssen alle Ebenen von Politik und Verwaltung auf Landes- und Bundesebene konsequent und transparent zusammenarbeiten. Betroffene Jäger und Landwirte vor Ort müssen einbezogen werden. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass alle Parteien an Krisengesprächen teilnehmen und regelmäßig eingebunden werden. Zudem sollte eine schnelle Informationsweitergabe zwischen allen Ebenen selbstverständlich sein und endlich ermöglicht werden.

Ausreichend Kühl- und Annahmestellen für Schwarzwild schaffen

Bereits im November 2020 führte Brandenburg die sogenannte Abgabeprämie für erlegtes, nicht marktfähiges Schwarzwild ein, das aus gefährdeten Gebieten ohne weiße Zonen sowie und Pufferzonen stammt. Es gibt dafür Abgabestellen in den Landkreisen. Erfahrungen zeigen jedoch: Es gibt viel zu wenige Abgabestellen, deren Öffnungszeiten sind außerdem unzureichend. Jäger sind bereit, den Schwarzwildbestand in den Restriktionszonen weiter zu reduzieren - die Behörden müssen jetzt praxistaugliche Voraussetzungen schaffen.

Land und Kreise haben Jäger aufgefordert, im Sinne der ASP-Prävention verstärkt Schwarzwild zu erlegen. In der Folge gibt es mehr vermarktungsfähiges Schwarzwild als der Markt aufnehmen kann. Die Behörden müssen deshalb jetzt die Infrastruktur verbessern, um die Bejagung von Schwarzwild weiter zu fördern. Es braucht flächendeckend Kühlräume zur Zwischenlagerung in ausreichender Zahl, die rund um die Uhr zugänglich sind.

Abgabe- und steuerfreies Prämiensystem als Anreiz zur verstärkten Bejagung

Prämien müssen abgabe- und steuerfrei sein. Dies gilt unter anderem für die Anlieferung nicht vermarktungsfähiger Wildschweine oder das Erlegen, Auffinden und Melden verendeter Wildschweine in den Restriktionsgebieten. Die Bürokratie, die derzeit mit Prämien verbunden ist, steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Flächendeckend Annahmestellen für ASP-Monitoringproben

Zur Früherkennung führt das Land Brandenburg auf Grundlage der Schweinepest-Monitoring-Verordnung (§ 2 SchwPestMonV) ein Monitoring durch: Jäger müssen von jedem erlegten Wildschwein eine Blutprobe zur ASP-Untersuchung entnehmen. Der Jäger muss diese dann dem Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Landkreises zur Verfügung stellen. Die Zahl der Annahmestellen für Probenmaterial muss deutlich vergrößert werden, um den zeitlichen und finanziellen Aufwand für Jäger zu minimieren und das ASP-Monitoring weiter zu verbessern. Die Abgabestellen in Ämtern oder Gemeindeverwaltungen müssen künftig rund um die Uhr zugänglich sein.

Hygienischer Betrieb der Kadaversammelstellen

Auf Grundlage der Schweinepest-Verordnung (§ 14d SchwPestV) müssen Personen, die in Kerngebiet, gefährdetem Gebiet und Pufferzone mit Wildschweinen in Berührung gekommen sind, Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde durchführen. Ebenfalls dazu zählen Hunde und Gegenstände. Es ist unabdingbar, dass die Veterinärbehörden der Landkreise der Jägerschaft wirksames Desinfektionsmittel bereitstellen. Insbesondere Kadaversammelstellen müssen ausreichend ausgestattet sein, damit Fahrzeuge und zur Bergung genutztes Material wirksam desinfiziert werden können.

Versicherungsschutz sicherstellen

Noch immer ist nicht abschließend geklärt, wer bei Unfällen die im Rahmen der Kadaversuche, -beseitigung und anderen ASP-Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen haftet. Da der Tierseuchenschutz, die -bekämpfung von öffentlichen Interesse ist und Auftraggeber in dem Falle eine öffentliche Stelle ist, muss sichergestellt sein, dass die Zuständigkeit der Versicherung bei den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand liegt und dies kommuniziert wird.

Übernahme der Trichinenuntersuchungsgebühr durch die Länder

Der finanzielle und zeitliche Aufwand für Probenentnahme (Trichinenproben) und deren Verbringung ist je nach Infrastruktur vor Ort sehr hoch und sollte entschädigt werden. Zudem müssen die zuständigen Behörden den Jagdausübungsberechtigten Material zur Probenahme in genügendem Umfang bereitstellen. Jäger, die sich an der Fallwildsuche freiwillig beteiligen oder dazu verpflichtet werden, sollten unbürokratisch und dem Aufwand entsprechend entschädigt werden.

Anfallende Kosten für die verpflichtende Trichinenuntersuchung bei Schwarzwild sollten die Länder direkt übernehmen. Eine aktuell in einigen Ländern praktizierte Erstattung der Gebühren über die Veterinärbehörden ist verbunden mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand und nicht praktikabel.

Unterstützung bei der Vermarktung von Schwarzwild-Wildbret

Die Reduktion des Schwarzwildbestandes muss mit einer Förderung der Vermarktung und Verwertung von Wildbret einhergehen. Dies beginnt bei der Bereitstellung entsprechender Kühlkapazitäten und endet bei der Absatzförderung für Schwarzwild. Insofern sollten Bund und Länder den Wildschweinemarkt deutlich stärker aktivieren. Hilfsweise sollten bereits die Rahmenbedingungen für die Schaffung eines Sekundärmarktes geklärt werden (Konserven). 

Damit Jäger nicht mehr auf die Abnahme des erlegten Wildes durch Wildbrethändler angewiesen sind, müssen Bund und Länder Maßnahmen vorschlagen, um die private oder gemeinschaftliche Wildbretvermarktung zu fördern. Dies wäre in Form einer Investitionsförderung für Aufwendungen möglich, die der Erfassung, Lagerung, Kühlung, Sortierung, marktgerechten Aufbereitung, Verpackung und Etikettierung von Wildbret dienen.

Vorgaben des Lebensmittelhygienerechts überprüfen

Die lebensmittelrechtlichen Vorgaben müssen dahingehend überprüft werden, ob sie der Direktvermarktung entgegenstehen. Bei der Wahrung der erforderlichen hohen Hygienestandards sollten die Spielräume, die auch das Europarecht einräumt, genutzt werden. Dazu gehört u.a., dass Jäger einen Metzger als Dienstleister einschalten können. Ggf. sind pragmatische Lösungen - unter Beachtung der erforderlichen hohen Hygienestandards - zu entwickeln. Dazu gehört auch, dass die Anforderungen an die Räumlichkeiten den Erfordernissen der Direktvermarktung von Wildbret angepasst werden und dass genossenschaftliche Zerwirkräume genutzt werden können. Die entsprechenden Ergebnisse der Projektgruppe "Ausnahmewild" der AFFL sollten verbindlich kommuniziert werden.

Jagd in befriedeten Gebieten und Schutzgebieten zulassen sowie jagdliche Infrastruktur ausbauen

Aus Gründen der Abwehr der Afrikanischen Schweinepest sollten auch Gebiete mit derzeit beschränkter Jagdausübung verstärkt bejagt werden. In einigen Landkreisen bieten große Schutzgebiete Rückzugsorte für Schwarzwild. Einzelne Städte in Deutschland haben zudem eine große Schwarzwildpopulation. Darüberhinausgehend sollten die Jäger bei der Einrichtung der jagdlichen Infrastruktur in diesen Gebieten finanziell unterstützt werden. 

Die Infrastruktur bezüglich Sammelstellen für Aufbruch und Fallwild muss stark ausgebaut werden. Den Jägern müssen ausreichend Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, um den Aufbruch oder Fallwild während des Seuchenfalls gebührenfrei zu entsorgen.

Straßenverkehrsrechtliche Genehmigungen bei revierübergreifenden Drückjagden

Revierübergreifende Drückjagden sind eine erfolgsversprechende Maßnahme, um Schwarzwild effektiv zu bejagen. Die aufwändige behördliche Genehmigung der Verkehrssicherung und damit verbundene Kosten sind vielfach eine Hürde. Vereinfachung der Verfahren und finanzielle Unterstützung sind deshalb unverzichtbar.

Ausbildung und Einsatz von Hunden und anderen Hilfsmitteln fördern

Die Ausbildung von Schwarzwildkadaverspürhunden ist zu intensivieren und nach einem einheitlichen Standard zu organisieren. Im Zuge dessen ist auch die Steuerbefreiung von brauchbaren Jagdhunden sinnvoll. Zudem sollten Schwarzwildgatter für die Jagdhundeausbildung von den Ländern finanziell gefördert werden. Zeitgemäße Schutzausrüstung für Jagdhund und Jäger sowie Ortungsgeräte sind teuer. Eine finanzielle Unterstützung ist sinnvoll. Im Weiteren erweisen sich auch Drohnen mit Wärmbildtechnik im Seuchengeschehen als sehr hilfreich. Unter anderem werden damit Schwarzwildeinstände in den Restriktionsgebieten gesucht und landwirtschaftliche Flächen vor jeglicher Bearbeitung abgeflogen um Schwarzwildkadaver zu finden. Auch in diesem Fall ist eine finanzielle Unterstützung mit Blick auf dem aktuell laufenden Bundesförderprogramm zur Rehkitzrettung sinnvoll.

Nachtzieltechnik und künstliche Lichtquellen

Der Einsatz von Nachtzieltechnik (Vor- und Aufsatzgeräte) sollte bundesweit auch mit Infrarot-Aufheller für die Jagd auf Schwarzwild möglich sein. Dazu sollte im Zuge der Änderung des Bundesjagdgesetzes auch § 40 Abs. 3 WaffG entsprechend ergänzt werden. Künstliche Lichtquellen sollten waffenrechtlich auch an der Waffe angebracht werden dürfen, sofern der Einsatz jagdrechtlich im Einzelfall erlaubt ist.

Kleine Kugel für Frischlinge erlauben

Zahlenmäßig stellen Frischlinge den größten Anteil einer Wildschweinpopulation dar. Aufgrund ihrer geringen Vitalität gelten Frischlinge als die anfälligste Altersklasse gegenüber Krankheiten. Zudem tragen Frischlingsbachen ab einem Körpergewicht von etwa 20 Kilogramm bereits zum Anwachsen der Schwarzwildpopulation bei. Aus diesem Grund hat die Jagd auf diese Altersklasse höchste Priorität. Es muss künftig möglich sein, dass Frischlinge auch mit der "kleinen Kugel" erlegt werden dürfen. Geschosse, die einen Durchmesser von weniger als 6,5 Millimeter und eine Auftreffenergie von weniger als 2.000 Joule auf 100 Meter erreichen, werden als „kleine Kugel“ bezeichnet.

Bejagungsschneisen unbürokratisch zulassen

Ohne Schneisen können 6,8 Millionen Hektar Feldfläche (ein Viertel Deutschlands) von Mai bis Oktober kaum bejagt werden, weil die Vegetation zu hoch ist. Dort wandern Wildschweine im Sommerhalbjahr ein. Um die Feld- und Erntejagd, insbesondere im Seuchenfall, erleichtern zu können, muss es für Landwirte unbürokratisch möglich sein Bejagungsschneisen anzulegen. Insbesondere die Länder sollten hierfür alle zur Verfügung stehenden förderrechtlichen Möglichkeiten konsequent nutzen und umsetzen. Landwirte müssen ausreichend dafür entschädigt werden, sollten sie im Seuchenfall für Bejagungsschneisen Felder frühzeitig beernten oder Kulturen zerstören müssen.  Damit wird eine Bejagung des Schwarzwildes in der Agrarlandschaft verbessert und gleichzeitig der bürokratische Aufwand für den Landwirt verringert.

Aufhebung bzw. Überprüfung von Kirrverboten

Im Seuchenfall sollten aktive Fütterungen und Kirrungen (sog. Ablenkfütterungen) ermöglicht werden. Neben einer Beschränkung oder des Verbotes der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen kann so das Schwarzwild an Wanderungen zu anderen Einständen und Nahrungsquellen gehindert werden. Dadurch wird unmittelbar eine Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindert.

 

In einem Forderungspapier hat der DJV zehn wesentliche Punkte zur Bundestagswahl aufgestellt. Sie betreffen Themen wie Waldbau, Afrikanische Schweinepest, Wolf oder das Waffengesetz. 

Der Deutsche Jagdverband (DJV) hat heute ein Papier mit zehn Kernforderungen zur Bundestagswahl vorgelegt. Darin positioniert sich der Dachverband der Jäger zu strittigen Themen wie Waldumbau, Wolf oder Agrarpolitik. Das Papier gibt es hier zum Herunterladen: www.jagdverband.de/bundestagswahl. „Wir ermutigen Jägerschaften, das Gespräch zu suchen mit den Bundestagskandidatinnen und -kandidaten vor Ort. Wir müssen gemeinsam unsere Anliegen Nachdruck verleihen“, sagte DJV-Präsident Dr. Volker Böhning.

Geplant sind mehrere Videos, in denen Präsidiumsmitglieder die DJV-Forderungen zur Bundestagswahl erläutern. Auf der Seite www.jagdverband.de/bundestagswahl veröffentlicht der DJV bis zur Wahl zahlreiche weitere Videos. Unter anderem haben die jagdpolitischen Sprecher der Fraktionen im Deutschen Bundestag vor der Kamera Position bezogen - etwa zu möglichen Änderungen des Waffenrechts oder zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest. Einzig die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen war bisher nicht für eine Positionierung vor der Kamera bereit. Alle im Bundestag vertretenen Parteien haben zudem die ausführlichen DJV-Wahlprüfsteine vorliegen.

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