(Quelle: Kauer/DJV)

Blässgans (Anser albifrons)

Die Blässgans bildet die zahlenmäßig größte Überwinterungspopulation aller Gänsearten in Europa. Die Bestände zeigen im 25-Jahrestrend einen Anstieg der deutschen Rastpopulation. Weltweit gibt es über 3 Millionen Blässgänse in mehreren Teilpopulationen, die Art gilt daher nicht als gefährdet. Namensgebend ist die ab dem ersten Winter gut sichtbare weiße Blesse über bzw. um den Schnabel.

Blässgans
Blässgans (Quelle: Rolfes/DJV)

Kennzeichen

Die Blässgans ist eine mittelgroße, graubraun gefärbte Gans der Feldgansgruppe. In der Größe gibt es geringfügige Überschneidungen mit der Zwerggans, mit der sie auch am ehesten verwechselt werden kann. Die Gefiederfärbung ist oberseits dunkel- bis mittelbraun, mit schmalen, hellen Säumen an den Deck- und Schwungfedern. Im Flug wirken die Oberseiten der Flügel und des Rückens heller braungrau. Der Schwanz zeigt im Flugbild eine braune Endbinde. Im Flug leicht mit Zwerggans zu verwechseln, aber größer und mit längerem Hals.

Die Bauchseite ist hellbraun, mit breiter schwarzer Querbänderung am Unterbauch, die bei Vögeln im Jugendkleid noch fehlen. Der Hals ist schlanker und länger als bei der Zwerggans und wie der Kopf braun. Der Schnabel ist kräftig und einheitlich matt rosa bis rosaorange gefärbt. Die Blässgans zeigt ebenfalls ein weißes Stirnfeld – dieses reicht aber von der Seite gesehen nicht über das Auge hinaus. Die Blässgans weist keinen deutlichen Lidring um das Auge auf. Die Beine sind orange gefärbt. Beim stehenden Vogel überragen die Flügelspitzen den Schwanz nicht.

Größe: 64-78 cm, Gewicht: 1,9 bis 3,0 kg

 

Verbreitung und Stellung im zoologischen System

Die Blässgans brütet in mehreren Teilpopulationen zirkumpolar in arktischen Gebieten Eurasiens und Nordamerikas. Die Unterarten sind teilweise im Feld zu unterscheiden. Die Überwinterungsgebiete in Europa erstrecken sich von Irland und Großbritannien im Westen (grönländische Brutpopulation) über die Niederlande, Deutschland bis Polen im Osten (west- und mittelsibirische Populationen). Es gibt weitere große Überwinterungsgebiete der mittel- und ostsibirischen Populationen vom Balkan und Südosteuropa über die Türkei, den Iran bis zum Kaspischen Meer und Fernostasiatische Areale.

Die Blässgans gehört zur großen Ordnung der Entenvögel (Anseriformes) und darin zur Familie der Entenverwandten (Anatidae), Unterfamilie Schwäne und echte Gänse (Anserinae) und bildet darin mit anderen Feldgänsen die Gattung Anser. Der weltweite Bestand liegt bei 3 Millionen Tieren.

Vorkommen der Blässgans in Deutschland

In Deutschland gibt es vereinzelte Bruten dieser Art, die aber sehr wahrscheinlich auf Gefangenschaftsflüchtlinge zurückgehen. Die Blässgans ist ein sehr häufiger Durchzügler und Wintergast (September bis März) im Norden und der Mitte Deutschlands (bis zu 420.000 Individuen jährlich).

Lebensraum

Im arktischen Brutareal werden sehr weit nördliche Bereiche der Tundra besiedelt, karge und niedrige Vegetation wird bevorzugt. Die in Mitteleuropa durchziehenden und überwinternden Tiere nutzen hauptsächlich Grünland und landwirtschaftliche Flächen zur Nahrungsaufnahme. Während des Zuges und im Überwinterungsgebiet können auf landwirtschaftlichen Kulturen Schäden durch große Gänseansammlungen entstehen. Dann kann die Jagdzeit ausgeweitet werden („Schadensabwehr“ – siehe Bundesländerregelungen). Am Niederrhein ist die Jagd auf Blässgänse verboten, um die sehr ähnliche, seltene Zwerggans zu schützen.

Nahrung

Als erwachsener Vogel ernährt sich die Blässgans vegetarisch – Seggen, Gräser, Sämereien, Schachtelhalme, aber auch Salzpflanzen. Die frisch geschlüpften Gössel werden in stehende Gewässer geführt, wo sie selbständig kleine Insekten aus dem Wasser sammeln. Weidet an Land wie andere Gänse, während des Zuges und im Überwinterungsgebiet gerne mit Tundra- und Waldsaatgänsen vergesellschaftet.

Sinnesleistung und Lautäußerung

Die Blässgans hat, wie die meisten Gänse, ein sehr gutes Seh- und Hörvermögen. In den Überwinterungs- und Rastgruppen haben immer einige Tiere „Augen und Ohren“ offen, um eine eventuelle Feindannäherung rechtzeitig zu melden. Als Bodenbrüter benötigen sie diese Wachsamkeit ebenfalls und verteidigen ihre Brut sehr engagiert. Sie ruft gerne und häufig – hoch und zweisilbig kläffend kjü-jü (wie ein kleiner Hund). Die Trupps fliegen in klassischer V-Formation.

Rufton

Fortpflanzung

Blässgänse sind ihrem Brutplatz treu und leben monogam. Der Ganter wacht über seine Gans. Es werden durchschnittlich 5-6 Eier gelegt und etwa 4 Wochen bebrütet, die Spanne kann aber von 3 bis 7 Eiern pro Gelege reichen, eine Jahresbrut von Mai bis Juni. Alte Nestanlagen aus Grasstängeln werden weiter genutzt und vor allem vom Weibchen ausgebessert und mit Daunen ausgekleidet. Blässgänse können über 20 Jahre alt werden.

Gefahren

Besonders im Brutgebiet werden die Blässgansbestände stark bejagt. Die Blässgans gilt aber derzeit als häufig und nicht gefährdet. Inwieweit der Klimawandel in den arktischen Brutgebieten der Gänse zu einer Lebensraumveränderung führt (z.B. höhere Vegetation und schlechtere Sichtbarkeit von Feinden) und sich auf die Brutpopulationen auswirken könnte, ist derzeit unklar.

Gänse sind sehr wehrhaft, erwachsene Vögel haben Seeadler und Füchse als Hauptfeinde, die noch flugunfähigen Jungtiere (Gössel) können von allen im Brutgebiet vorkommenden Raubtieren und aktiv jagenden Vögeln (z.B. Eulen, Greifvögel, Möwen, Raubmöwen) erbeutet werden. Die Gänseeltern verteidigen ihre Brut aber sehr energisch.

Blässgans im Bundesjagdgesetz

1. November bis 15. Januar

 

Quellen

  • Barthel, P. H. & T. Krüger (2018): Artenliste der Vögel Deutschlands. Vogelwarte 56: 171–203.
  • Barthel, P.H.; Barthel, C.; Bezzel, E.; Eckhoff ,P.; van den Elzen, R.; Hinkelmann, C,; Steinheimer, F.D. (2020): Deutsche Namen der Vögel der Erde. Vogelwarte 58, 2020: 1 – 214
  • Cramp, S. et al. (1977): Handbook of the Birds of Europe, the Middle East and North Africa. Vol. I Ostrich to Ducks. Oxford University Press.
  • Dachverband Deutscher Avifaunisten (2022): Bestandsentwicklung, Verbreitung und jahreszeitliches Auftreten von Brut- und Rastvögeln in Deutschland. Dachverband Deutscher Avifaunisten, www.dda-web.de/vid., aufgerufen am 21.11.2022.
  • Gerlach, B.; Dröschmeister, R.; Langgemach, T.; Borkenhagen, K.; Busch, M.; Hauswirth, M.;  Heinicke, T.; Kamp, J.; Karthäuser, J.; König, C.;  Markones, N.; Prior, N.; Trautmann,S.; Wahl, J.; Sudfeldt; C. (2019): Vögel in Deutschland — Übersichten zur Bestandssituation. DDA, BfN, LAG VSW, Münster
  • Svensson, L.; Mullarney, K.; Zetterström, D. (2011): Der Kosmos Vogelführer. 2.Auflage, Franck-Kosmos Verlag, Stuttgart
  • www.dda-web.de/voegel/voegel-in-deutschland/Zwerggans