(Quelle: Kauer/DJV)

Kurzschnabelgans (Anser brachyrhynchus)

Die Kurzschnabelgans kommt in zwei voneinander getrennten Brutpopulationen im hohen Norden vor, in Deutschland ist sie ein seltener Durchzügler und Wintergast. Das überwiegend hellbraune Gefieder weist sie als Angehörige der Feldgänse aus, in den Kennzeichen ähnelt sie der Tundrasaatgans sehr, Verwechslungen bei der Bestimmung sind daher leicht möglich.

Kurzschnabelgans
Kurzschnabelgans (Quelle: Ellwanger/DJV)

Kennzeichen

Die Kurzschnabelgans ist in Größe und Gestalt der nahe verwandten Tundrasaatgans sehr ähnlich. Die Gefiederfärbung ist oberseits blaugrau bis mittelbraun, mit hellen Säumen an den Deck- und Schwungfedern. Im Flug wirken die Oberseiten der Flügel inkl. des Rückens hellblaugrau. Der Schwanz zeigt im Flugbild eine gut erkennbare weiße Endbinde. Die Bauchseite ist hellbraun, mit schwarz gestrichelten Flanken und weist keine schwarze Querbänderung auf. Der Hals ist kurz und zimtbraun, der Kopf dunkelbraun gefärbt. Der Schnabel ist kurz, mit mittelhoher Basis und überwiegend dunkel gefärbt mit nur schmaler rosafarbener Binde im vorderen Schnabeldrittel. Die Beine sind deutlich rosa gefärbt.

Größe: 60 -75cm, Gewicht: 1,4 bis 3,9 kg

 

Verbreitung und Stellung im zoologischen System

Die Kurzschnabelgans brütet in zwei voneinander getrennten Populationen – (westliche Teilpopulation: Island und Grönland; östliche Teilpopulation: Spitzbergen), die sich nach der letzten Eiszeit getrennt haben. Beide Populationen nutzen unterschiedliche Überwinterungsgebiete (westliche: Großbritannien, östliche: Dänemark).

Sie gehört zur großen Ordnung der Entenvögel (Anseriformes) und darin zur Familie der Entenverwandten (Anatidae), Unterfamilie Schwäne und echte Gänse (Anserinae) und bildet darin mit anderen Feldgänsen die Gattung Anser. Der weltweite Bestand liegt bei etwa 400.000 Tieren.

Vorkommen der Kurzschnabelgans in Deutschland

In Deutschland gibt es keine Bruten dieser Art. Die Kurzschnabelgans ist ein sehr seltener Durchzügler oder Wintergast (Oktober bis März) in Deutschland (150 bis 450 Individuen) und wird meist nur schwer in großen Trupps anderer grauer Feldgänse bemerkt.

Lebensraum

Im arktischen, baumlosen Brutareal werden karge, felsige Flächen aber auch Sümpfe, Moore oder Flussinseln mit guter Rundumsicht besiedelt. Auf Island werden auch Lavafelder zur Brut genutzt. Die in Mitteleuropa durchziehenden und überwinternden Tiere nutzen Grünland und kurzrasige landwirtschaftliche Nutzflächen zur Nahrungsaufnahme, gern in der Nähe von Fließgewässern.

Nahrung

Als erwachsener Vogel ernährt sich die Kurzschnabelgans überwiegend vegetarisch - vor allem Blätter und Knospen, die Gössel werden nach dem Schlupf in stehende Gewässer geführt, wo sie selbständig kleine Insekten aus dem Wasser sammeln. Weidet an Land wie andere Gänse, während des Zuges und im Überwinterungsgebiet gerne mit Bläss-, Tundra- und Waldsaatgänsen vergesellschaftet.

Sinnesleistung und Lautäußerung

Die Kurzschnabelgans hat, wie die meisten Gänse, ein sehr gutes Seh- und Hörvermögen. In den Überwinterungs- und Rastgruppen haben immer einige Tiere „Augen und Ohren“ offen, um eine eventuelle Feindannäherung rechtzeitig zu melden. Als Bodenbrüter benötigen sie diese Wachsamkeit ebenfalls und verteidigen ihre Brut sehr engagiert.
Sie ruft gerne und häufig - während des Fluges trompetend z.B.: ank - ank, oder ein hohes uink-uink.

Fortpflanzung

Kurzschnabelgänse sind Koloniebrüter und ihrem Brutplatz treu. Der Ganter wacht über seine Gans. Es werden durchschnittlich 3-5 Eier gelegt und etwa 4 Wochen bebrütet, die Spanne kann aber von 1 bis 9 Eiern pro Gelege reichen, eine Jahresbrut von Mai bis Juli. Alte Nestanlagen werden weiter genutzt und vor allem vom Weibchen ausgebessert, das Männchen trägt auch Nistmaterial zu. Das Nest wird aus Grashalmen und Kräuterstängeln gebaut und mit Daunen ausgekleidet.

Durchschnittliche Lebensdauer 3,3 Jahre, der älteste beringte Vogel erreichte ein Alter von 21 Jahren.

Gefahren

Gänse sind sehr wehrhaft, erwachsene Vögel haben Seeadler und Füchse als Hauptfeinde, die noch flugunfähigen Jungtiere (Gössel) können von allen im Brutgebiet vorkommenden Raubtieren und aktiv jagenden Vögeln (z.B. Eulen, Greifvögel, Möwen, Raubmöwen) erbeutet werden. Die Gänseeltern verteidigen ihre Brut aber sehr energisch.

Die Kurzschnabelgans gilt derzeit als nicht gefährdet - inwieweit der Klimawandel in den arktischen Brutgebieten der Gänse zu einer Lebensraumveränderung führt (z.B. höhere Vegetation und schlechtere Sichtbarkeit von Feinden) und sich auf die Brutpopulationen auswirken könnte, ist derzeit unklar.

Kurzschnabelgans im Bundesjagdgesetz

Keine Jagdzeit

 

Quellen

  • Barthel, P. H. & T. Krüger (2018): Artenliste der Vögel Deutschlands. Vogelwarte 56: 171–203.
  • Barthel, P.H.; Barthel, C.; Bezzel, E.; Eckhoff ,P.; van den Elzen, R.; Hinkelmann, C,; Steinheimer, F.D. (2020): Deutsche Namen der Vögel der Erde. Vogelwarte 58, 2020: 1 – 214
  • Cramp, S. et al. (1977): Handbook of the Birds of Europe, the Middle East and North Africa. Vol. I Ostrich to Ducks. Oxford University Press.
  • Dachverband Deutscher Avifaunisten (2022): Bestandsentwicklung, Verbreitung und jahreszeitliches Auftreten von Brut- und Rastvögeln in Deutschland. Dachverband Deutscher Avifaunisten, www.dda-web.de/vid., aufgerufen am 07.11.2022.
  • Gerlach, B.; Dröschmeister, R.; Langgemach, T.; Borkenhagen, K.; Busch, M.; Hauswirth, M.;  Heinicke, T.; Kamp, J.; Karthäuser, J.; König, C.;  Markones, N.; Prior, N.; Trautmann,S.; Wahl, J.; Sudfeldt; C. (2019): Vögel in Deutschland — Übersichten zur Bestandssituation. DDA, BfN, LAG VSW, Münster
  • Svensson, L.; Mullarney, K.; Zetterström, D. (2011): Der Kosmos Vogelführer. 2.Auflage, Franck-Kosmos Verlag, Stuttgart
  • www.dda-web.de/voegel/voegel-in-deutschland/Kurzschnabelgans