(Quelle: Kauer/DJV)

Ohrfeige für deutsche Wolfspolitik aus Luxemburg

12. Juni 2025 (DJV) Berlin

Europäischer Gerichtshof stellt fest: Für Beurteilung des günstigen Erhaltungszustandes des Wolfes ist die Population maßgeblich. DJV fordert Bundesregierung auf, eine realistische Einschätzung des Wolfsbestandes vorzunehmen.

Die Population ist laut EuGH maßgeblich für die Beurteilung des günstigen Erhaltungszustandes.
Die Population ist laut EuGH maßgeblich für die Beurteilung des günstigen Erhaltungszustandes. (Quelle: Rolfes/DJV)

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich in einem heute verkündeten Urteil mit der Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes des Wolfes beschäftigt und klärende Aussagen getroffen. Demnach ist für die Feststellung des günstigen Erhaltungszustandes die Einstufung in der Roten Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN) nicht maßgeblich, sondern in erster Linie der Bestand im jeweiligen Mitgliedsstaat. Ausschlaggebend ist der Zustand der Population: Deshalb könne laut EuGH auch der Wolfsbestand in benachbarten Mitgliedsstaaten – sogar Staaten außerhalb der Europäischen Union – berücksichtigt werden. Biogeographischen Regionen haben für den EuGH keine Bedeutung für die Beurteilung des Erhaltungszustands.

Der Deutsche Jagdverband (DJV) begrüßt diese klaren Aussagen des höchsten Gerichts in der Europäischen Union. "Wir fordern das Bundesumweltministerium jetzt auf, den günstigen Erhaltungszustand für den Wolf endlich auf Populationsebene und grenzübergreifend zu beurteilen", sagte DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke. In der Folge bliebe nur eine Option für die Bundesregierung: den günstigen Erhaltungszustand des Wolfes für ganz Deutschland an die EU-Kommission zu melden, so Dammann-Tamke weiter. Das sei eine schallende Ohrfeige für das Bundesumweltministerium und seine Hinhaltetaktik.

Alle sechs Jahre müssen die Mitgliedsstaaten einen Bericht über den Erhaltungszustand der Arten und Lebensräume, die der FFH-Richtlinie unterliegen, an die EU-Kommission abgeben. Dieser steht im Juli 2025 wieder an. Das Bundesumweltministerium plant erneut, veraltete Zahlen nach Brüssel zu melden und zwar aus dem Monitoringjahr 2022/23. Damit fehlen die neuen Rudeljahrgänge aus den Sommern 2023 bis 2025, kritisiert der DJV. Unabhängig von der konkreten Meldung des Erhaltungszustands hat die Bundesregierung mit der Herabstufung des Schutzstatus von streng geschützt (Anhang IV) auf geschützt (Anhang V) in der FFH-Richtlinie alle Handlungsoptionen, um die Wolfspopulation über das Jagdrecht zu managen. 

Das Bundesumweltministerium argumentiert derzeit fälschlicherweise, dass Wölfe in sämtlichen geeigneten Lebensräumen vorkommen müssten, um den günstigen Erhaltungszustand feststellen zu können. Das verlangen jedoch weder die verbindliche Definition des Erhaltungszustandes in der FFH-Richtlinie, noch die zugehörigen Leitfäden der EU oder die Rechtsprechung des EuGH.

Das aktuelle EuGH-Verfahren geht zurück auf die Vorlage des obersten estnischen Verwaltungsgerichts, das dem Gericht europarechtlich klärungsbedürftige Fragen zum günstigen Erhaltungszustand vorgelegt hat, um in einem Verfahren um die Wolfsjagd in Estland zu entscheiden. In Estland unterlag der Wolf auch bisher schon den Regelungen des Anhangs V der FFH-Richtlinie, die zwar einen gewissen Schutz fordern, aber eine Bejagung zulassen, sofern der günstige Erhaltungszustand nicht gefährdet wird. Künftig wird der Wolf europaweit im Anhang V geführt, wie Europäisches Parlament und Rat in den letzten Wochen entschieden haben. Die Regierungskoalition in Deutschland hat sich außerdem die Aufnahme des Wolfes ins Jagdrecht vorgenommen, um künftig ein besseres Wolfsmanagement zu ermöglichen. Auch diesen Schritt begrüßt der DJV ausdrücklich.