(Quelle: Kauer/DJV)

Besser spät als nie

1. Januar 2016 (Simone/privat) Berlin

Mitgehen, erleben, berichten - genau so ist diese Erzählungen entstanden. Ich frage mich nur, warum es so viele Jahre gedauert hat, bis ich meinen Ehemann mal zur Jagd begleitet habe.

#Jaeben16
#Jaeben16 (Quelle: Simone/privat)

Wie oft waren wir uns uneinig, weil er auf die Jagd wollte? Wie oft hab ich Abende und Nächte alleine zu Hause verbracht? Wie oft hab ich immer wieder Verständnis für seine Jagdpassion gehabt? Egal - heute gehe ich mal mit. Vielleicht auch, weil ich den Artikel gelesen habe, der in der Zeitung ,,Unsere Jagd' steht, die er schon genau so viele Jahre abonniert hat, wie er Jäger ist. Mitgehen, erleben, berichten, das will ich heute mal tun.

Ich hatte keine große Hoffnung auf irgendwas, denn mir war bekannt, dass der Jäger oft erfolglos zur Jagd geht. Was für mich erfolglos ist, bedeutet für den Jäger, sein Revier zu begutachten. Wir fuhren also in sein Feldrevier, das ich eigentlich kenne. Schon das war ganz anders. Normalerweise verlasse ich die Straße nicht aber heute musste es sein, um an die Kanzel zu kommen, auf die wir uns setzen wollten. Als wir darauf saßen, wurde es mir etwas mulmig. Ich wusste, dass er heute einen Rehbock schießen wollte. Rehe, seien es nun männliche oder weibliche, finde ich doch sehr niedlich. Aber es gehört nun mal dazu. Erst einmal passierte nicht viel und es war Zeit, mir etwas Jagdliches zu erklären. Es heißt natürlich nicht einfach weiblich oder männliches Reh, sondern Ricke oder Rehbock. Jäger haben ihre Jägersprache: Im ersten Lebensjahr nennen sie das männliche Stück ein Bock-Kitz, im zweiten ist es ein Jährling, im dritten ein zweijähriger Bock usw. Ein weibliches Reh ist im ersten Lebensjahr ein Ricken-Kitz, dann ein Schmalreh und im dritten Lebensjahr dann eine Ricke. Ob ich mir das in Zukunft merke, ist sehr unwahrscheinlich aber trotzdem mal interessant zu hören. Es wurde so langsam dämmrig draußen und nach und nach waren einige Ricken und sogar Kitze zu sehen. Das war echt schön. Erst sieht man nichts und plötzlich sind sie da. Nun hatte ich was zu beobachten und es war herrlich. Die Kitze spielten miteinander und tollten umher. Dann kam ein Rehbock auf  uns zu und ich war ganz aufgeregt was jetzt passiert. Doch meine Sorge war umsonst, denn mein Jägerehemann erklärte mir, dass dieser kein Abschussbock ist. Sie schießen also nicht irgendeinen Bock ab, das ist doch schön mal zu erfahren.

Mir wurde erklärt, dass der Bock erst genau in Augenschein genommen wird. Sie begutachten den Bock, wie sein Gehörn ausgebildet ist. Jägersprachlich heißt das, ein Stück Rehwild ansprechen. Ein Bock mit einem starken Gehörn wird nicht geschossen wenn er zu jung ist, denn der soll sich weiter vererben. Ich war sehr froh darüber, dass es ein guter Bock war. Nun konnte ich in Ruhe weiter schauen und beobachten. Es hat wirklich eine entspannende Wirkung auf einen, so ruhig da zu sitzen, nur zu schauen und zu hören. Man hat das Gefühl, dass es  immer wieder was anderes zu sehen gibt oder ein anderes Geräusch zu hören ist. Angenehm, sehr angenehm. Umso mehr in der heute so hektischen, lauten Welt. Das wurde mir schnell bewusst. Als der zweite Rehbock auf uns zu zog, wunderte ich mich über doch so allerhand Rehwild hier im Revier. Hätte ich gar nicht gedacht.

Dieser Bock blieb aber weit genug von uns weg, um einen sicheren Abschuss zu gewährleisten. Gut, dachte ich. Ich beobachtete weiter, wie sie fressen (jägersprachlich als Äsen bezeichnet) und dabei so langsam weiter liefen und wie die Kitze umher sprangen. Wie bei uns Mamas, lassen die ,,Reh Mamas' (Ricken), ihre Kinder nicht aus den Augen. Doch dann wurde meine Aufmerksamkeit auch schon wieder abgelenkt, denn dann kam er. Der Bock. Der Abschussbock, den mein Jägerehemann schon Tage zu vor beobachtet hat. Er kam näher und immer näher. Ich dachte, als er so näher kam, dass ich jetzt wohl nicht drum herum komme um das bittere Ende. Zum Glück stellte sich heraus, dass es doch nicht der Abschussbock war. Es war so schön hier zu sitzen und zu beobachten und ich ärgerte mich, dass ich es nicht schon mal eher getan habe.

Inzwischen war es an diesem Abend nun schon zu dunkel geworden, um das Rehwild richtig anzusprechen. Nun merkte ich, dass ich ein bisschen steif war vom langen sitzen und schaute dabei so durch meine Luke. Ich war völlig entspannt und hing meinen Gedanken nach. Doch plötzlich erschrak ich furchtbar, als etwas durch mein Fenster wollte! Das etwas erschrak auch und überlegte es sich nochmal und landete dann doch lieber auf dem Dach der Kanzel. Das war echt gruselig. Ein Jäger kennt sich auch da aus und weiß sofort, um was es sich hier handelte. Es war eine Eule. Die fliegen echt leise. Es war nichts zu hören und plötzlich war sie kurz vor der Luke. Nach diesem ,,Angriff' traten wir dann den Heimweg an. Es war sehr interessant und schön und auf jeden Fall wert, es zu wiederholen. Es kann einem wirklich viel geben, dass gemeinsame Jagd erleben. Gast: Simone, Jäger: Jörg