(Quelle: Kauer/DJV)

Totes Tier mit rotem Loch

Cathrin und Ines kennen sich schon lange, doch zusammen auf dem Hochsitz waren sie noch nie. Anfang Oktober war es so weit. Das Gemeinsam-Jagd-erleben-Wochenende wurde im Haribo-Hotel 'Jakobsberg' veranstaltet, und etwa 30 Paare wollten daran teilnehmen. Der Deutsche Jagdverband und die dlv-Jagdmedien entschieden sich für die zwei Freundinnen aus Nordrhein-Westfalen. Ein Abenteuer in den Weinbergen des Oberen Mittelrheintals sollte folgen.

#Jaeben16
#Jaeben16 (Quelle: BS/privat)

Nach dem Jagen vier Gänge

Am Resort angekommen, das der verstorbene Haribo-Chef und leidenschaftliche Jäger Dr. Hans Riegel 1960 kaufte, ging es nach kurzer Lagebesprechung gleich raus ins Revier. Begleitet wurden die Gewinnerinnen dabei von Jagdaufseher René Klütsch. Es dauerte nicht lange, bis eine Ricke mit Bockkitz anwechselte. Darauf folgte ein Spießer, der zu seinem Glück offenbar Wind bekam und absprang. Später kamen weit entfernt drei Stück Rehwild und drei Dachse. Für Nichtjägerin Ines hatte sich schon zu diesem Zeitpunkt die Reise nach Rheinland-Pfalz gelohnt. Sie hätte noch nie so nah und so lange Wild gesehen, und ihr sei schnell bewusst geworden, dass 'hier nicht wahllos in den Wald geballert wird', berichtete sie später beim gemeinsamen Abendessen. Gegen acht Uhr abends war Schluss, zurück ins Hotel.
Dort angekommen, erwartete die Teilnehmerinnen eine festlich eingedeckte Tafel in jagdlichem Ambiente. Der Großteil der Urlaubs-Anlage ist übrigens Riegels Passion geschuldet sehr geschmackvoll mit jagdlichen Bildern, Sammlungen und Trophäen ausgestattet. Dabei ist das Thema Jagd in keinem Bereich so aufdringlich, dass sich die nichtjagende Klientel unwohl fühlen könnte. Ein hervorragendes Vier-Gänge-Menü mit 'wilden' Einflüssen bildete den Abschluss des ersten Tages.

Deutlich vor Sonnenaufgang ging es los. Es ist noch stockfinster, Ines fiel es aber deutlich leichter für die Jagd aufzustehen als für die Arbeit. Erste Anzeichen von Jagdfieber? Langsam wurde es dämmerig, und das Dreier-Gespann hörte, wie Schwarzwild im Eichenbestand über die diesjährige Mast herfiel. Nach einer gefühlten Ewigkeit trat die Rotte auf ungefähr 200 Meter aus, zog an einem vorgelagerten Wild­acker an der Waldkante entlang. Es war eine Bache mit vier Frischlingen. René gab grünes Licht. Die Jägerin giff zur Waffe, ging in Anschlag, entsicherte. Ines wartet gespannt auf den 'erlösenden Schuss'. Mit ihm sind die Schwarzkittel verschwunden.

René und Cathrin baumten zunächst alleine ab, um den Anschuss zu kontrollieren. Klassisch hellroter Lungenschweiß nahm Jäger und Jägerin letzte Zweifel, weit hatte es der Firschling nicht mehr in die Dickung geschafft. Ines saß zu dem Zeitpunkt noch auf der Kanzel, doch sie wollte unbedingt zur gemeinsamen Beute. Sie kniet sich schließlich zu dem Frischlingskeiler, berührt ihn und streicht über die braune Schwarte. Natürlich macht man sich im Vorfeld Gedanken darüber, ob man ein frischerlegtes Tier sehen will. Für Ines war aber klar, wer Fleisch isst, müsse das schon aushalten können. Abends errinnerte sie sich: 'Es war überhaupt nicht ekelig, es war einfach ein totes Tier mit einem roten Loch.' Auch beim Bergen packte sie mit an, nur die rote Abreit betrachtete die studierte Germanistin lieber mit Abstand. Beim Verbrechen erklärte die Jägerin, was es mit den Zweigen auf sich hat. Gerade das, was einige heute für nicht mehr zeitgemäß, lästig oder überflüssig betrachten, hatte große Wirkung auf Ines: 'Es war schön, dass das Tier so als Lebewesen geehrt und respektiert wird. 

Schießen, Staunen und wieder essen

Mit diesem unvergesslichen Erlebnis im Gepäck ging es nach dem Frühstück auf den Schießstand, und die Nichtjägerin betätigte selbst das erste Mal den Abzug einer Flinte. Erstaunlich schnell hatte Ines den Dreh raus und brachte die Tontauben zum Platzen. An diesem Tag stand der Jakobsberg vollständig im Zeichen der Jagd. Der Veranstalter hatte neben dem Gewinner-Paar rund 100 jagdinteressierte Gäste zum Schießen sowie zu einer Ausstellung der Künstler Sascha und Ingo Maas eingeladen, die im 'Afrika-Jagd'-Teil des Hotels ihre Wildtier-Portraits zeigten. Den Abschluss bildete ein Wildschwein am Spieß. Eine Bläsergruppe blies zum Essen. Marco Alfter, Vorsitzender der Dr. Hans Riegel-Stiftung und Gastgeber des Aktions-Wochenendes, ließ es sich dabei nicht nehmen, die gesamte Corona aufstehen und Cathrin als nun offizielle Schwarzwildjägerin hochleben zu lassen.

'Interessant und aufregend beschreibt unser Erlebnis nicht annähernd', urteilte Ines kurz vor der Abreise. Auch für Cathrin waren die zwei Tage  im Mittelrheintal ein voller Erfolg. Sie wollte ihrer Freundin zeigen, dass 'Jagen Emotionen bedeutet' - und genau das hat ihre Begleiterin gespürt. Das Wissen über Pflanzen und Tiere sowie das professionelle Versorgen des Frischlings haben deutliche Spuren bei der Nichtjägerin hinterlassen. Ob so Vorurteile entstehen? Wohl eher nicht. Mit der Aktion 'Gemeinsam Jagd erleben' soll genau das erreicht werden. Den Beteiligten, allen voran Marco Alfter und René Klütsch, sei zum Schluss herzlichst gedankt. BS