(Quelle: Kauer/DJV)

Meine Drückjagdpremiere und der erste Überläufer

1. Januar 2016 (Lisa/privat) Berlin

Ich hatte Herzklopfen. Gleich sollte sie losgehen, meine erste Minidrückjagd.

#Jaeben16
#Jaeben16 (Quelle: Lisa/privat)

Als einziger Grünschnabel stand ich in der Runde gestandener Jäger und lauschte an jenem kühlen Sonntagmorgen den letzten Instruktionen des Jagdpächters. Hemsbach in Hessen, Vorgebirge - soweit war alles klar. Die alten Weinhänge und verwilderten Gärten hieß es durchzudrücken. Denn in diesen fühlen sich die Schwarzkittel im wahrsten Sinne des Wortes 'sauwohl'. Das zeigen nur leider auch die Schäden in den angrenzenden Grundstücken. Alle Schützen auf Position, die Schuhe ein letztes Mal geschnürt und dann gab es kein Zurück mehr. 'Was macht ein Wildschwein eigentlich, wenn es sich bedroht fühlt? Hat das mal jemand erwähnt? Und was, wenn eines der Tiere auf mich zu gerannt kommt? Wie geht denn das mit dem Abfangen…ohne Messer??' Viel Zeit zum Grübeln gab es nicht. Denn schon fand ich mich an einem dicht bewachsenen steilen Hang mit lauter versteckten Hindernissen wieder, den der Treiberschütze, den ich begleiten durfte, mit Leichtigkeit hinabstieg. Ich für meinen Teil stolperte und rutschte hinterher und beglückwünschte mich dafür, dass ich Lektion Nummer 1 schon anderer Stelle gelernt und befolgt hatte: Festes Schuhwerk ist das A und O. Unten angekommen, teilten wir uns auf und begannen, mit einigen Metern Abstand voneinander das Terrain zu durchlaufen. Hündin Eika schoss sofort wie ein Blitz in die Dickung. Meine Fortbewegung wirkte weniger grazil. Kanadische Goldrute, habe ich mal gelesen, gilt unter Landwirten als lästiges Unkraut. Ich jedoch war froh, mich an ihren Stängeln festhalten zu können, wenn ich mal wieder drohte, abzurutschen. Nach einem hohen Gartentor und mehreren verwahrlosten Zäunen mit hartnäckigem Brombeerbehang wurde der Weg kurzzeitig etwas leichter. Plötzlich stand ich vor einer mannshohen Dickung und fuhr zusammen. Ein Krachen! Sollte da nun eine Rotte…Husch! Wie aus dem Nichts brachen zwei dunkle Gestalten aus der Hecke. Doch zu meiner Erleichterung waren es keine Sauen, sondern ein Reh und die Kleine Münsterländerin, deren Besitzer sie jedoch rasch überzeugen konnte, von dem Geschöpf abzulassen. Voller Adrenalin schritt ich weiter. Doch nun mit weniger mulmigem Gefühl, denn so langsam fing mir die Sache an, Spaß zu machen. Dann ging alles ganz schnell. Ein schwarzer Schatten und kurz darauf ein Schuss. Sogar der Aufprall der Kugel auf den Tierkörper war zu vernehmen. Ich, oder vielmehr Eika, hatte einen Überläuferkeiler aufgeschreckt, der daraufhin meinem Freund Patrick vor das Gewehr lief. Er war an diesem Tag das einzige Wildschwein, das erlegt worden war. Nach der Bergung bekam ich das Messer in die Hand und durfte unter Anleitung 'mein' erstes Stück Schwatzwild aufbrechen. Ich war natürlich stolz wie Oskar und tat dies mit einer Mischung aus Respekt und Ehrfurcht. Die Hülse der Patrone, die das Tier gestreckt hatte, steht als Erinnerung auf meinem Schreibtisch. Lisa