(Quelle: Kauer/DJV)

Frage-Antwort-Papier zum Wolf im Jagdrecht

17. Dezember 2025 (DJV) Berlin

Warum soll der Wolf bejagt werden? Reichen Herdenschutzmaßnahmen nicht aus? Und regelt sich die Natur nicht selbst? In einem umfangreichen Papier gibt der DJV Antworten auf dringende Fragen zur Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht.

Wie der Wolf bejagt wird, muss sich an wildbiologischen Fakten orientieren.
Wie der Wolf bejagt wird, muss sich an wildbiologischen Fakten orientieren. (Quelle: Bernhardt/DJV)

Warum fordert der Jagdverband die Jagd auf Jungwölfe?

Grundsätzlich gilt: Bejagung und Bestandskontrolle werden am Ende zur Akzeptanz des Wolfs beitragen, weil damit ein Beitrag zur Konfliktvermeidung geleistet werden kann. Wie der Wolf bejagt wird, muss sich an wildbiologischen Fakten orientieren. Der Deutsche Jagdverband befürwortet eine reguläre Jagdzeit für Jungwölfe von Anfang Juni bis Ende Oktober. In diesem Zeitraum sind sie sicher von Altwölfen unterscheidbar. Das minimiert das Risiko von Fehlabschüssen. So wird die Rudelstruktur aufrechterhalten. Wildbiologisch sinnvoll ist die Bestandskontrolle beim Wolf über die Jugendklasse  ähnlich wie bei Reh, Hirsch oder Wildschwein. 40 Prozent des jährlichen Zuwachses sollen über die Jagd reduziert werden. Auf dieser Basis kann der Wolfsbestand in Deutschland weiter moderat anwachsen.

 

Warum soll der Wolf bejagt werden, obwohl es offiziell nur 1.600 Wölfe in Deutschland gibt?

Es gibt immer wieder Bemühungen, die Zahl künstlich klein zu rechnen: Nach DJV-Hochrechnung lebten im Frühjahr 2024 mindestens 2.000 Wölfe in Deutschland. Deutschland ist einer der am dichtesten besiedelten Staaten Europas und beherbergt gleichzeitig die größte Wolfspopulation: In Niedersachsen und Brandenburg leben heute mehr Wölfe als in ganz Skandinavien. Die Wolfspopulation wächst seit mehr als zwei Jahrzehnten im Schnitt um etwa 20 bis 30 Prozent jährlich. Frankreich, Schweden und die drei baltischen Staaten reduzieren Wolfsbestände mit jagdlichen Mitteln seit geraumer Zeit nach klaren Regeln  ohne dass die Bestände gefährdet wären. Frankreich setzt strategisch auf einen kontrollierten, verminderten Zuwachs. In Estland wird der Wolf schon längere Zeit nachhaltig bejagt  auch nach erfolgtem EU-Beitritt. Entscheidend ist: Wo Wölfe regional in besonders hohen Dichten auftreten, muss eine reguläre Bejagung auf Basis eines regionalen Abschussplans möglich sein. Um es klar zu sagen: Es geht darum, die Wolfsbestände den Gegebenheiten vor Ort anzupassen.

 

Warum soll eine geschützte Art wie der Wolf bejagt werden, ist das nicht rechtswidrig?

Europaweit haben sich die Bestände des Wolfes in den vergangen zwei Jahrzehnten positiv entwickelt: Sein Schutzstatus wurde deswegen gemäß Berner Konvention und über die europäische Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) von "streng geschützt" auf "geschützt" herabgesetzt. Die EU hat den Mitgliedsstaaten damit freigestellt, den Wolf in nationales Recht zu überführen. Folgerichtig sollen deswegen Bundesnaturschutz- und Bundesjagdgesetz angepasst werden. Wichtig: Der Wolf wird in Deutschland wieder auf Dauer heimisch bleiben. In über einem Dutzend EU-Ländern wie Frankreich, den skandinavischen und baltischen Staaten gibt es eine Kontrolle des Wolfs durch jagdliche Eingriffe. Weder EU-Kommission noch Europäischer Gerichtshof haben daran etwas auszusetzen. Der Wolf kennt übrigens keine Ländergrenzen: Die Beurteilung des Zustands einer Population muss deshalb grenzübergreifend vorgenommen werden. Nach Ansicht des DJV und zahlreicher Wissenschaftler sind die Wölfe in Deutschland Teil einer grenzübergreifenden Population in Mitteleuropa. Der Europäische Gerichtshof bestätigt das in einem Urteil an mehreren Dutzend Stellen. Der günstige Erhaltungszustand ist entsprechend für den Wolf gegeben  und zwar für ganz Deutschland.

 

Elektrozaun, Herdenschutzhund oder Nachtpferch: Warum werden präventive Herdenschutzmaßnahmen nicht ausgebaut, statt auf Jagd zu setzen?

Schutzmaßnahmen für Weidetiere werden intensiviert und weiterentwickelt. Aber das reicht nicht. Selbst Elektrozäune, die den derzeitigen Vorgaben entsprechen, können Wölfe problemlos überwinden. Haben sie gelernt, wie das geht, geben sie ihr Wissen an den Nachwuchs weiter. So kann sich unerwünschtes Verhalten schnell ausbreiten. Herdenschutz und Jagd sind also keine Gegensätze, sondern ergänzen sich. Die Kosten für den Herdenschutz explodieren förmlich: Waren es 2015 noch 1 Million Euro, lag der Wert 2024 bereits bei 23 Millionen Euro. Für Halter von Schafen, Rinder oder Pferden ist der logistische Aufwand alleine durch das Gewicht von Zaunmaterial enorm gestiegen. Lag die vorgeschriebene Höhe der Elektrozäune anfänglich bei 90 Zentimetern, ist die jetzt beispielsweise in Brandenburg als wolfsabweisend empfohlene Zaunhöhe 120 Zentimeter. Trotzdem gab es 2023 einen Höchststand von 5.800 getöteten Nutztieren. Immer mehr Weidetierhalter geben deshalb auf: In Niedersachsen sehen 77 Prozent der Schaf- und Ziegenhalter und 50 Prozent der Mutterkuhhalter den Wolf als das zentrale Problem ihrer Zukunft. Das ist beispielsweise für den Deichschutz katastrophal, der auf die Schafbeweidung angewiesen ist. Der Wolf ist ein Beispiel für erfolgreichen Artenschutz. Für Artenvielfalt insgesamt wäre jedoch das Ende einer Beweidung durch Schafe, Ziegen und Rinder fatal: Einzigartige Tier- und Pflanzenarten würden aussterben. 

 

Die Natur regelt sich doch selbst. Warum muss der Mensch den Wolf bejagen?

Deutschland ist eine intensiv genutzte Kulturlandschaft. Es gibt Weidetiere, Landwirtschaft, Dörfer und große Städte, Verkehrswege - und damit viel Potential für Konflikte mit dem Wolf. Um diese zu verringern braucht es klare Regeln. Die Jagd ist dabei lediglich ein Aspekt. Und: Wie in anderen Bereichen des Naturschutzes auch ist die Behauptung, die Natur regele sich selbst, schlichtweg falsch. Im städtischen Umfeld oder in Regionen mit intensiver Weidetierhaltung ist das Konfliktpotential groß. Dort wird auch die Akzeptanz bei einer Zunahme von Konflikten schneller schwinden. Klare Regeln helfen, Konflikte zu vermeiden oder schneller befrieden zu können. Wo Menschen Tür an Tür mit dem Wolf leben, sinkt die Akzeptanz für das Großraubtier schon heute: Aus Sorge um das eigene Haustier oder gar um die eigenen Kinder, wenn die sich im Dunkeln mit dem Fahrrad auf den Weg zur Schule machen. Zum Konfliktmanagement gehört aber auch, die Landschaft durchlässiger für wandernde Wölfe zu gestalten, etwa durch Querungshilfen über Straßen.

 

Warum soll es wolfsfreie Gebiete geben?

Es wird keine wolfsfreien Gebiete geben, aber es braucht Regionen, wo die Etablierung von Wolfsrudeln verhindert wird, weil dort Konflikte vorprogrammiert sind. Das gilt beispielsweise für alpine Regionen, Deiche oder urbane Gebiete. Einzelne Jungwölfe auf Reviersuche sollen sich allerdings ungehindert durch diese Gebiete bewegen können. Es geht darum, die notwendige Weidetierhaltung zu sichern, wo das mit Herdenschutzmaßnahmen nahezu unmöglich ist. Nur so kann die gesellschaftliche Akzeptanz des Wolfes insgesamt erhalten werden.

 

Der Wolf ist eine geschützte Art. Wieso sollte er wie andere Wildtierarten ins Bundesjagdgesetz aufgenommen werden? 

Der Wolf lebt in Deutschland in einer Kulturlandschaft und hat sich stark ausgebreitet. Das Ziel seiner Bejagung ist ein Dreiklang: Konflikte minimieren, den günstigen Erhaltungszustand der Art gewährleisten und Akzeptanz erhalten. Das geht am besten über das Bundesjagdgesetz. Auch andere über die europäische FFH-Richtlinie geschützte Arten unterliegen übrigens dem Jagdrecht. Beispiel Gams: Sie hat europaweit denselben Schutzstatus wie der Wolf, wird jedoch zum Schutz des Bergwaldes intensiv bejagt. Einzelne Sonderregelungen im Bundesjagdgesetz sind für den Wolf durchaus sinnvoll – etwa ein Fütterungsverbot oder Regelungen zur Aufnahme verletzter Tiere.

 

Wölfe greifen nur sehr selten Jagdhunde an. Wieso soll es deshalb Notstandsregelungen geben? 

Wenn Wölfe konkret Menschen, Jagdhunde, Haus- oder Nutztiere bedrohen, müssen die Möglichkeiten einer Tötung eindeutig und rechtssicher geregelt sein. Nach Ansicht des DJV muss in Notstandssituationen der Schutz von Menschen, Jagdhunden, Haustieren und Nutztieren immer Vorrang haben. Gut ausgebildete Jagdhunde sind Grundlage für tierschutzgerechte Jagd und Seuchenprävention. Das gilt zum Beispiel für die Nachsuche verletzter Wildtiere oder die Suche nach Wildschweinkadavern zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest.

 

Der Großteil der Deutschen begrüßt die Rückkehr des Wolfs. Warum soll der Wolf dann bejagt werden?

Eine aktuelle repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts Civey zeichnet ein differenzierteres Bild - mit klaren Unterschieden zwischen Stadt und Land. Demnach begrüßen 47 Prozent der Deutschen die Rückkehr des Wolfs, allerdings sehen 35 Prozent dies negativ. Gleichzeitig fühlen 29 Prozent der Deutschen sich oder ihr Haustier durch den Wolf bedroht  auf dem Land sogar ein Drittel. Fast zwei Drittel der Deutschen halten es für richtig, den Wolf zur Bestandskontrolle ins Jagdrecht aufzunehmen. Dies geht einher mit einem ähnlich hohen Anteil der Bevölkerung, der speziell die Jagd auf Wölfe befürwortet, die Haus- und Nutztiere töten. Die Zustimmung auf dem Land liegt jeweils bei deutlich über zwei Dritteln, hingegen nur bei etwa der Hälfte bei Stadtmenschen. 

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