(Quelle: Kauer/DJV)

EU-Waffenrichtlinie: Deutschland als Maßstab

18. Februar 2016 (Florenz) Brüssel

Die Debatte um die Verschärfung des Waffenrechts nimmt Fahrt auf. Würde sich die EU an Deutschland orientieren, das bereits eines der schärfsten Waffengesetze Europas hat, wäre vielen geholfen, meint Karl-Heinz Florenz, CDU-Europaabgeordneter und Präsident der Jagd-Intergruppe im Europäischen Parlament in einem Gast-Kommentar für den DJV.

Die Debatte um den Vorschlag der Europäischen Kommission für eine Überarbeitung der sogenannten Feuerwaffenrichtlinie nimmt spürbar Fahrt auf. Die Europäische Kommission hat seit mehreren Jahren an einer Revision der Richtlinie gearbeitet und für das Frühjahr 2016 einen neuen Vorschlag angekündigt. Aufgrund der Attentate in Frankreich war der politische Handlungsdruck jedoch hoch, so dass der neue Vorschlag überstürzt im November 2015 vorgelegt wurde. Viele, wenn auch nicht alle Vorschläge, wurden mit heißer Nadel gestrickt. Falsch ist meines Erachtens, die europaweite Regelung von legalen Waffen mit dem Argument der Terrorismusbekämpfung zu begründen. Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen dem legalen Besitz von zivilen Waffen, wie sie für die Jagd oder den Schießsport verwendet werden und terroristischen Attentaten.

Überarbeitung des Waffenrechtes vor Hintergrund der Terrorismusbekämpfung ist inakzeptabel
 

Eine Überarbeitung des Waffenrechts vor dem Hintergrund der Terrorismusbekämpfung geht an der Sache vorbei und ist in dieser Verknüpfung nicht akzeptabel. Die Inhaber von Waffenbesitzkarten gehören bereits heute zu den am strengsten kontrollierten Gruppen in Deutschland. Die von den Terroristen verwendeten Granaten, Kalaschnikow und Raketenwerfer sind allesamt bereits heute verboten und waren auf dem Schwarzmarkt der Balkanstaaten illegal erworben worden.

Karl-Heinz Florenz, MdEPTerror in Europa muss entschlossen bekämpft werden, aber hier müssen wir bei den tieferliegenden Gründen ansetzen und nicht bei einer strengeren Regelung für den legalen Waffenerwerb in Europa. Die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich, der Zerfall staatlicher Strukturen in manchen Teilen des afrikanischen Kontinents und der Vormarsch des IS im Nahen und Mittleren Osten müssen als Ursachen des Terrorismus angegangen und gelöst werden. Dass die Europäische Kommission diesem Phänomen begegnen will und einen "Aktionsplan Terrorismus", unter anderem zur Austrocknung des Waffenschwarzmarktes, vorgestellt hat, begrüße ich. Der Kommissionvorschlag zur Änderung der europäischen Feuerwaffenrichtlinie verfehlt vor diesem Hintergrund jedoch sein Ziel. Es ist kein einziger Fall bekannt, in dem eine legal erworbene Jagd- oder Sportwaffe für einen terroristischen Anschlag missbraucht wurde. Die europäischen Jäger und Vereinsschützen sind daher die falschen Adressaten.

Entwurf der Kommission schießt an vielen Stellen über das Ziel hinaus
 

Gerade für deutsche Jäger und Sportschützen ist der Vorschlag der Kommission unverständlich: haben wir doch in Deutschland bereits heute eines der schärfsten Waffengesetze in Europa, an dem sich viele andere Mitgliedstaaten ein Vorbild nehmen könnten. So ist die Aufbewahrung von Waffen äußerst streng geregelt, in anderen Ländern sind die Vorschriften hier teilweise weniger restriktiv. Hier würde ein europäisches Mindestmaß durchaus einen Mehrwert bringen, jedoch ist zu diesem Thema nichts im Vorschlag enthalten. In anderen Fragen ist die Kommission hingegen über das Ziel hinausgeschossen. Verpflichtende medizinische Tests für die Erstausstellung und Verlängerung von Waffengenehmigungen müssen keineswegs wie vorgeschlagen europäisch standardisiert werden, sondern sind bereits heute von den Nationalstaaten ausreichend geregelt. Auch ein vollkommenes Verbot des An- und Verkaufs von Waffen zwischen Privatleuten mittels Fernkommunikation schießt über das Ziel hinaus. Während eine bessere Kontrolle des Onlinehandels sicherlich sinnvoll ist, muss der traditionelle Weg von Zeitungsinseraten in Fachzeitschriften selbstverständlich erhalten bleiben.

Vorschlag enthält aber auch sinnvolle Element
 

Den Vorschlag pauschal abzulehnen wäre aber umgekehrt ebenfalls eine Überreaktion, enthält er doch auch sinnvolle Elemente. Eine europäische Vernetzung der nationalen Waffenregister, einheitliche Regeln über die Markierung von Waffen und gemeinsame Deaktivierungsstandards sind sinnvoll und würden einen direkten Sicherheitsgewinn für die Menschen in Europa schaffen. Ausflüge ins benachbarte EU-Ausland zum praktischen aber verbotenen Waffenkauf, weil dort unter Umständen die Waffenbesitzberechtigungen oder Deaktivierungsstandards weniger restriktiv  geregelt sind, waren für Vertreter unseres Standes schon immer eher ein Dorn im Auge. Die Vereinheitlichung der Standards, zur unwiderruflichen Deaktivierung von Feuerwaffen, die inhaltlich weitgehend einer Angleichung des europäischen an das deutsche Recht entspräche, unterstütze ich daher.

Das Parlament wird den Kommissionsvorschlag in den kommenden Monaten sehr genau prüfen. Als Jäger, als Europaabgeordneter und als Präsident der parlamentarischen Intergruppe "Biodiversität, Jagd, ländliche Aktivitäten" werde ich mich persönlich für einen praxistauglichen Vorschlag im Sinne der Jäger und Sportschützen einsetzen.

Als Demokrat hat die Verteidigung unserer freiheitlichen Grundwerte vor den terroristischen Freiheitsfeinden für mich allerhöchsten Stellenwert. Rechtstreue Bürger in nationalstaatlich bereits ausreichend geregelten Bereichen mit unnötigen oder gar unverhältnismäßigen Maßnahmen zu behindern, darf aber nicht Ausfluss der latenten Terrorgefahr sein. Den Terrorismus als Anlass für eine weitreichende Beschränkung des zivilen Waffenbesitzes zu nehmen, würde bedeuten, das Kind mit dem Bade auszuschütten.

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