(Quelle: Kauer/DJV)

Erstmals Wolfsnachwuchs in Mecklenburg-Vorpommern

29. Juli 2014 (dpa/djv) Schwerin/Lübtheen

Wildkamera liefert Beweis

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(Quelle: Rolfes/DJV)

Erstmals wurden in Mecklenburg-Vorpommern Junge geboren. Auf einem Waldweg in der Lübtheener Heide südlich von Hagenow sind fünf Wolfswelpen entdeckt worden. Eine automatische Wildkamera, die die Umweltschutzorganisation WWF installiert hatte, habe die Jungtiere abgelichtet, teilte das Agrar- und Umweltministerium am Montag in Schwerin mit. Fachleute gingen zudem davon aus, dass auch das in der Ueckermünder Heide im Osten des Landes sesshaft gewordene Wolfspaar Junge hat. Darauf deute ein deutlich vergrößertes Gesäuge der Fähe.

Die Entdeckung kam für Marcus Rudolf alles andere als überraschend. Der Wolfs-Beauftragte des Naturschutzbundes Mecklenburg-Vorpommern (NABU) hatte bei seinen Streifzügen durch die Lübtheener Heide zuletzt nur noch die großen Pfotenabdrücke des Wolfsrüden gefunden. „Das konnte nur bedeuten, dass sich die Fähe im Bau um den Nachwuchs kümmert“, sagte Rudolf am Montag in Schwerin. Kurz zuvor war seine Vermutung zur Gewissheit geworden: Auf einem Waldweg in dem Heidegebiet südlich Hagenows waren insgesamt fünf Welpen in die automatische Foto-Falle gegangen. Diese brachte den Nachweis, dass nach rund 200 Jahren erstmals wieder Wölfe in Mecklenburg-Vorpommern geboren wurden.

Und es ist offenbar nicht der einzige Wolfsnachwuchs im Nordosten. Wie das Agrar- und Umweltministerium in Schwerin weiter mitteilte, gehen Fachleute davon aus, dass auch das in der Ueckermünder Heide im Osten des Landes sesshaft gewordene Wolfspaar Junge hat. Darauf deute ein deutlich vergrößertes Gesäuge der dortigen Fähe, die ebenfalls beobachtet worden war. In den beiden weitgehend menschenleeren Heidegebieten an der Elbe und südlich des Stettiner Haffs hatten schon vor etwa acht Jahren Wolfsrüden neue Reviere gefunden. Nachdem sich im Vorjahr und im Winter Partnerinnen zu ihnen gesellten, war Nachwuchs absehbar.

Agrarminister Till Backhaus (SPD) wertete die Wiederansiedlung des Wolfs als Erfolg im Bemühen um eine möglichst große Artenvielfalt. „Wir sind hier auf dem richtigen Weg und müssen nun dafür sorgen, dass unsere neuen, ‘alten’ Bewohner hier dauerhaft heimisch werden können“, erklärte Backhaus. Das ist nicht immer konfliktfrei.

Tierhalter hatten sich immer wieder kritisch zu Wort gemeldet, nachdem Wölfe Schafe gerissen hatten. Erst im Mai waren auf der kleinen Ostsee-Insel Koos nördlich von Greifswald elf tote Schafe gefunden worden. Eine Gen-Analyse bestätigte inzwischen, dass ein Wolf die Tiere riss. Die Landesregierung hatte auf solche Vorfälle mit einem Entschädigungsprogramm und finanziellen Hilfen zum besseren Schutz vor Wolfsangriffen reagiert. Seit 2010 regelt ein Managementplan den Umgang mit dem Raubtier.

Für Rudolf muss der Wolfs-Zuwachs nun nicht zwangsläufig zu mehr Konflikten mit Tierhaltern führen. „Nach den ersten Fällen mit gerissenen Tieren haben sich die Schäfer in der Region Lübtheen auf die neue Situation eingestellt. Sie haben sich mit Hilfe des Landes sichere Zäune zugelegt und Hunde angeschafft, die Wölfe auf Abstand halten. Das scheint zu wirken“, meint der Umweltschützer. Denn neue Angriffe auf Schafe habe es seit Jahren dort nicht mehr gegeben.

Der Landesjägerverband fordert hingegen verbindliche Festlegungen für Wolfsbestände. „Wölfe werden uns bald viel massiver heimsuchen, als es bisher der Fall ist“, warnte Verbandspräsident Volker Böhning schon. Seit 1990 steht der Wolf EU-weit unter Schutz.

Die Wölfe waren in den zurückliegenden beiden Jahrzehnten von Osten her aus Polen wieder nach Deutschland eingewandert und hatten zuerst in Brandenburg und Sachsen neue Reviere erobert. Im Vorjahr waren aber auch in Sachsen-Anhalt und Niedersachsen neue Rudel beobachtet worden und nun in Mecklenburg-Vorpommern.

Wolfsexperte Rudolf geht davon aus, dass in diesen fünf Bundesländern inzwischen rund 30 Rudel leben. Bei einer bundesweiten Bestandsaufnahme im April seien 25 Wolfsfamilien registriert worden, dazu noch zahlreiche Einzeltiere auch in anderen Regionen. In etwa zwei Jahren dürften sich dann auch die Jungtiere aus der Lübtheener Heide auf die Suche nach neuen, eigenen Revieren machen, so Rudolf.

Möglichst genaue Erkenntnisse über die deutschen Wolfsvorkommen und deren Populationsentwicklungen sind nach Angaben des WWF Voraussetzung für „ein optimiertes Management“ und eine erfolgreiche Konfliktvermeidung. Deshalb gehe es darum, die Zahl der Welpen und deren Aufenthaltsbereiche genau zu ermitteln. Dazu würden weitere Fotofallen aufgestellt und regelmäßig Spuren gesucht. Und dabei trifft NABU-Wolfsexperte Rudolf bestimmt auch bald wieder auf die Fährte der Wölfin in der Lübtheener Heide mit ihren fünf Jungen.

27. 7. 2014, Hannover/Lüneburger Heide

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