(Quelle: Kauer/DJV)

Tiere können denken - manche Philosophen tun sich damit schwer

30. Dezember 2016 (Huffington Post) München

Tiere können denken - das behauptet TV-Philosoph Richard David Precht in seinem neuen Buch. Nun kann man über diese These sicherlich streiten. Unstrittig jedoch ist, dass der Herr Philosoph zumindest beim Verfassen der Kapitel zur Jagd nicht zu Ende gedacht hat. DJV-Präsident Hartwig mit einem Beitrag in der Huffington Post.

DJV-Präsident Hartwig Fischer
DJV-Präsident Hartwig Fischer (Quelle: DJV)

Unbelastet von irgendwelchen Fakten schwadroniert Precht über die geistige Gesundheit von Jägern, die angebliche Freude am Töten, vermeintliche Selbstregulierung der Natur und Empfängnisverhütung für Wildschweine.

Viel Unsinn in teils geschwurbelter, teils reißerischer Sprache vorgebracht. Sowohl sprachlich als auch inhaltlich muss man sagen: Precht ist weder ein Dichter, noch ist er ganz dicht.

Da wimmelt es nur so von blutrünstigen Bildern, die vor allem auf den Verkauf in der Zielgruppe uninformierter Tierfreunde abzielt, die ihre Kenntnisse von Wildtieren vor allem aus Disneyfilmen beziehen: Er beschreibt die Jagd als „Strafexpeditionen gegen die Wildnis", „tötungsfreudiges Hobby", „Waidmanns blutige Arbeit", unterstellt „sportliche Tötungsfreude" und natürlich ist es Motivation des Jägers „einen anmutigen Rehbock zum Zeitvertreib in ein Stück Aas zu verwandeln", der Jäger wird zum „Terminator des Waldes", die Jagd ist nach seiner Auffassung „eine seltsame Mischung aus Romantik und Tötungswille" und so weiter.

Der Mann, der in jeder Talkshow für Aufklärung und Vernunft wirbt, arbeitet hier mit gezielter Desinformation. Precht ist zu intelligent, um ihm nicht Vorsatz unterstellen zu können.

Die Welt ist aber kein Disneyfilm. Was wäre denn los im Reich von Bambi und Klopfer - das übrigens in den USA liegt -, wenn es keine Regulierung durch ausgebildete private Jäger gäbe? Glaubt man Precht, würde die Natur sich selbst regulieren.

 

Soweit die Dichtung. Die Wahrheit sieht anders aus.

Ein entsprechendes Projekt im Kanton Genf - dort wurde Privatjagd verboten und Wildhüter wurden für das Wildtiermanagement eingesetzt - hatte fatale Folgen. Anfang der 1980er Jahre gab es im Kanton Genf etwa 400 Rebhühner, 25 Jahre später nur noch einzelne Individuen.

Ohne private Jagd wuchs der Fuchsbestand zunächst an, die Räude, eine gefährliche Seuche, breitete sich aus, die Fuchsbestände gingen daraufhin gegen Null und der Feldhase, seines wichtigsten Fressfeindes beraubt, vermehrte sich derart, dass die Schäden auf den Feldern überhandnahmen. Ökologische Balance sieht anders aus.

Gerne wird der Kanton Genf als jagdfrei verkauft, und das Wildtiermanagement-Modell sei auch noch preisgünstig. Weniger als eine Tasse Kaffee würde der Einsatz der professionellen Wildhüter den Steuerzahler pro Jahr kosten. Nun ist nicht bekannt, welchen Kaffee man für diese Rechnung zugrunde legt. Jede Bohne muss einzeln gepflückt und einzeln mit der Hand geröstet worden sein.

Denn ein Genfer Wildhüter kostet den Steuerzahler etwa 98.200 Euro jährlich, das macht bei zwölf Stellen rund 1,2 Millionen Euro. Und was machen die Wildhüter in Genf? Sie jagen. 1,2 Millionen Euro sind ein stolzer Preis, um 500 Wildschweine pro Jahr zu erlegen. Übertragen auf Deutschland müsste übrigens folgende Rechnung aufgemacht werden: Hier werden jährlich etwa 1,8 Millionen Wildschweine, Rehe und Hirsche von privaten Jägern erlegt.

Übertrüge man diese Aufgabe ausschließlich staatlichen Wildhütern, müsste der Steuerzahler 3,6 Milliarden Euro für die staatliche Wildschadens- und Seuchenprävention aufwenden. Das Geld lässt sich nun wirklich besser investieren. Zum Beispiel in die Ausbildung von Philosophen.

Nun ist selbst Richard David Precht nicht entgangen, dass es in unserem Land das eine oder andere Wildschwein zu viel gibt. Und da hat er auch schon eine Alternative zum Abschuss parat: Empfängnisverhütung! Spätestens hier kommt man zu dem Schluss: Dümmer geht immer.

Precht, der eigentlich gar nicht regulierend in die Natur eingreifen will, möchte nun auf einmal gegen geltendes Recht verstoßen und Medikamente in den ökologischen Kreislauf einbringen. Abgesehen davon, dass es ohnehin große Probleme mit der Hormonbelastung durch Arzneirückstände in den Abwässern gibt, ist die Vorstellung völlig absurd.

Wie soll sichergestellt werden, dass die gebärfähigen Bachen ausreichend mit Kontrazeptiva versorgt werden, um eine Empfängnis zu verhüten? Sollen die staatlichen Wildhüter sie einzeln verabreichen? Sollen sie in das Futter, das er an anderer Stelle im Buch strikt ablehnt, gemischt werden? Hat Herr Precht sich jemals mit den Fressgewohnheiten von Wildschweinen befasst? Wohl kaum, sonst wüsste er, dass zunächst die Leitbache frisst, dann erst die jüngeren Tiere.

Wie viele Hormone möchte er denn bitte welchem Futter beimengen? Und weiß er, dass vor allem sehr junge Tiere für das Anwachsen der Populationen verantwortlich sind? Das weiß er genau so wenig, wie andere Dinge, die zum Waidwerk gehören.

Jetzt, da es auf die Weihnachten zugeht, sollten sich echte Tierfreunde das Geld für gedruckte Desinformation sparen. Statt Precht auf den Gabentisch zu legen, sollten sie besser in das hochwertigste Biofleisch investieren, das es gibt: Wildbret.

Erlegt von verantwortungsbewussten Jägern, die auch für die kommenden Generationen Artenvielfalt in Flora und Fauna garantieren. Sofern man sie nicht durch postfaktische Entscheidungen daran hindert.

27. 12. 2016, Berlin

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