(Quelle: Kauer/DJV)

„Frühjahr und Herbst sind wahre Goldgruben für wilde Zutaten“

22. April 2022 (DJV) Berlin

Wilde Zutaten von Kräutern über Fisch bis hin zu Wildbret – darum dreht sich alles im neu erschienen Buch „Gefundenes Fressen“. Wir haben einen der drei Hamburger Autoren interviewt. Jan Hrdlicka erzählt, wie er zum Jagdschein kam und wie die Buch-Idee heranreifte.

Jan Hrdlicka: "Unser Kochbuch soll informieren, ohne zu belehren und einen Bezug zur wilden Küche herstellen."
Jan Hrdlicka: "Unser Kochbuch soll informieren, ohne zu belehren und einen Bezug zur wilden Küche herstellen." (Quelle: Ellerbrock/DJV)

Wie, wo und wann lassen sich wilde Zutaten am besten sammeln? Welche unscheinbaren Kräuter vor der Haustür und am Wegesrand bringen die besten Aromen auf den Teller? Und wie komme ich ohne Jagd- oder Angelschein an frisches Wildbret oder Fisch aus erster Hand? Das sind Fragen, auf die das Kochbuch Gefundenes Fressen Antworten gibt. Im DJV-Interview erklärt Autor und Jäger Jan Hrdlicka, wie er auf Umwegen zum Jagdschein gekommen ist und wie die Buch-Idee heranreifte.

DJV: Was hat dich beziehungsweise euch inspiriert ein Kochbuch zu schreiben, noch dazu eins mit wilden Zutaten?

Jan Hrdlicka: Ich habe mich relativ spät für Natur interessiert, vor ungefähr acht Jahren – da war ich 30. Damals habe ich in München gelebt und das Bergwandern für mich entdeckt. Bis dahin war ich Stadtmensch durch und durch. Später, in Hamburg, habe ich, aus Ermangelung an Bergen, am Biertisch mit meinen Freunden den Entschluss gefasst, den Angelschein zu machen. Was sich zunächst wie eine Schnapsidee anhört, war der Anfang eines komplett neuen Lebensstils. Besonders die kulinarische Verwertung der Fänge hat mich so fasziniert, dass ich angefangen habe, über Tierproduktion im Generellen nachzudenken. Nach langem Überlegen, wie ich auch meinen Fleischkonsum nachhaltiger gestalten kann, folgte der Jagdschein. Davor hatte ich wie beim Angelschein auch erstmal Vorurteile.

Was für Vorurteile waren das?

Ich kannte Wildfleisch nur als totgekochtes, streng schmeckendes Fleisch, das mit Preiselbeeren übergossen war. So geht es auch immer noch vielen anderen, sie wissen nicht, was für ein herrliches Produkt Wildfleisch sein kann. Ebenso wenig, dass Frühjahr und Herbst wahre Goldgruben für wilde Zutaten sind. Das wollen wir nun ändern. Unser Kochbuch soll informieren, ohne zu belehren und einen Bezug zur wilden Küche herstellen. Es ist für Stadtmenschen und Naturfans gleichermaßen geeignet. Kurzgeschichten und Rezepte wechseln sich ab mit zahlreichen Tipps zum Sammeln, Konservieren und Verarbeiten wilder Zutaten.

Wie war der Entstehungsprozess des Buches?

Tatsächlich haben sich meine Freunde Fabio Haebel und Olaf Deharde, die ich schon aus meiner Hamburger Gastrozeit kenne, zeitgleich mit wilden Zutaten und nachhaltiger Küche beschäftigt. Durch die sozialen Medien haben wir uns gegenseitig immer wieder geupdatet. Ursprünglich gab mein Freund Olaf den Impuls, dass wir unsere Kompetenzen aus Kochen, Jagd, Angeln und Sammeln wilder Zutaten in einem Buch zusammenbringen könnten. Insgesamt sind von der Idee bis zum fertigen Buch anderthalb Jahre vergangen. Ein halbes Jahr davon haben wir für die Vorbereitung mit dem Verlag gebraucht und ein Jahr, um alle Jahreszeiten kulinarisch abzudecken und das Buch zu produzieren.

Wie seid ihr auf den Titel „Gefundenes Fressen“ gekommen?

Uns war von Anfang an bewusst, dass der Markt von Kochbüchern regelrecht überschwemmt ist, deshalb wollten wir bewusst etwas anders machen. Das Wortspiel ist bei einem Brainstorming entstanden. Wir hatten das Gefühl, dass Gefundenes Fressen“ sich abhebt. Unser Buch ist kein reines Kochbuch. Es soll nicht nur inspirieren, sondern Lust auf wilde Zutaten machen und die Sensibilität für Regionalität und Saisonalität wecken.

Was ist Dein ganz besonderes Erlebnis auf dem Weg zum fertigen Kochbuch?

Es gibt nicht das eine Erlebnis, sondern ganz viele. Erst einmal war es mein erstes Buch und das an sich war schon sehr spannend. Generell hatten wir viel Spaß während des gesamten Entstehungsprozesses und haben gemerkt, dass wir mit dem Thema offene Türen einrennen. Wir haben viel Unterstützung erfahren zum Beispiel vom DJV oder auch von Tim Mälzer, der die Idee so gut fand, dass er für uns ein nettes Vorwort verfasst hat. Ein Erlebnis ist besonders hängen geblieben: Wir brauchten für unser Winterkapitel Schnee, Berge und am besten noch eine Gams für ein Rezept, also alles, was es im norddeutschen Winter auf gar keinen Fall gibt. Kurzfristig hatte unser Kontakt in Bayern abgesagt und wir standen mit leeren Händen da. Ein Bekannter im Schwarzwald hat uns daraufhin in letzter Minute gerettet – und das Kapitel stand innerhalb von zwei Wochen. Aus dem Gams-Rezept auf den letzten Drücker entwickelte sich eine Freundschaft mit der ganzen Familie unseres Freundes.

Was lief weniger gut?

Ein weniger schönes Erlebnis hatten wir auf der Insel Rügen. Wir wollten dort im Frühjahr für ein Rezept wilde Lachse fangen, konnten aber aufgrund von schlechtem Wetter nicht mit dem Boot raus. Da mussten wir auf einen lokalen Händler zurückgreifen – der uns seinen norwegischen Aquakulturlachs als Ostseelachs unterjubeln wollte. Dieses Erlebnis hat mir einmal mehr gezeigt, wie wichtig unser Projekt ist.

Wie wird das Kochbuch angenommen?

Auch, wenn das Kochbuch noch nicht lange auf dem Markt ist, bekommen wir allerhand positive Rückmeldungen. Leserinnen und Leser mit und ohne jagdlichen Hintergrund verlinken uns auf nachgekochten Rezepten in den sozialen Medien oder schreiben uns nette E-Mails. Uns war es wichtig eine bunte Mischung an Rezepten zu bieten, von Kochneulingen bis Fortgeschrittenen werden alle fündig. Das Buch ist außerdem nach Jahreszeiten gegliedert, sodass man sofort mit dem Sammeln und Kochen loslegen kann.