(Quelle: Kauer/DJV)

Abendansitz auf den Maibock

1. Januar 2016 (Staffel/privat) Berlin

Mein Name ist Annika, ich absolviere gerade ein Jahr als Rettungssanitäterin. Interessiert hat mich besonders die Anatomie des Menschen und die Funktion der Organe. Da ich meinen Vater schon im letzten Jahr zur Jagd begleitet habe, wusste ich, dass ich das Interesse für Anatomie bei erfolgreicher Jagd noch vertiefen kann.

#Jaeben16
#Jaeben16 (Quelle: Staffel/privat)

Ich beschloss, meinen Vater zu einem Abendansitz zu begleiten. Am 14. Mai gegen 18 Uhr bezogen wir einen Hochsitz im Revier Johanniskreuz im nördlichen Pfälzer Wald. Das Wetter war heiter, Wolken und Sonne im Wechsel. Der Wind kam aus Nord-Nordwest und unser Hochsitz stand in einem Mischwald mit Buchen und Eichen. In 100 m Entfernung befand sich ein Wildacker. Wir bestiegen den Hochsitz, packten den Rucksack aus, richteten unsere Sachen und legten die Ferngläser bereit. Nach einer halben Stunde flog ein Buntspecht vorbei, drehte ein paar Runden und heftete sich an einen Eichenstamm. Er lief senkrecht am Stamm hoch, als ob er Saugnäpfe an seinen Beinen hätte, verweilte ein paar Sekunden, dann lief er weiter am Stamm in Richtung Krone. Später flog er wieder davon.

Etwa um 19:40 Uhr kam ein Reh aus westlicher Richtung. Mein Vater und ich entdeckten es fast gleichzeitig. Man konnte noch nicht erkennen, ob es ein weibliches Reh oder ein Rehbock war. Ich machte schnell ein paar Fotos mit dem Smartphone, mein Vater nahm das Fernglas und beobachtete das Reh weiter. Plötzlich ein zufriedener Blick, ja es ist ein Rehbock. Den dürfen wir schießen. Mein Vater gab mir das Fernglas, machte das Gewehr schussbereit und legte an. Es dauerte noch ein Weilchen, dann stand das Reh in einer günstigen Position. Ein Schuss - das Reh lag sofort. Nach einigen Minuten der Ruhe packten wir alle Utensilien vom Hochsitz zusammen, das Gewehr wurde entladen und wir stiegen hinab zum Rehbock. Er lag in etwa 80 m Entfernung am Wegesrand. Der Schuss hatte Herz und Lunge getroffen. Wir fuhren nun zu unserem Gastgeber, dem Revierförster. Der Rehbock wurde in eine Wildkammer gebracht.

Nun kam mein großer Moment: Ich durfte nach Anleitung aufbrechen. Dabei merkte ich sehr schnell, dass Theorie und Praxis doch etwas unterschiedlich sind. Ich öffnete den Bauchraum sehr vorsichtig und der Förster erklärte mir die Schnittfolge. Deutlich zu erkennen waren Pansen, Verdauungstrakt und Harnblase. Danach Leber, Milz und Zwerchfell. Nach dem Öffnen des Brustraumes konnte man deutlich die Lungenflügel an der hellrosa Farbe erkennen. Vom Herz war nur die Spitze des Herzbeutels geblieben - ein sauberer Kammerschuss, waidgerecht. Es war ein großartiges Erlebnis. Mir wurde aber auch die Verantwortung des Jägers bewusst, durch richtiges Ansprechen des Wildes, in sehr kurzer Zeit die richtige Entscheidung zu treffen. Annika Staffel