
"Eine Frage der Fleischhygiene"

DJV: Wie genau haben Sie die Stressbelastung von Wildtieren verglichen, die bei Drück- und Ansitzjagden erlegt wurden?
Dr. Myriam Braun-Münker: Wir haben eine neuartige Methode entwickelt, um die Stressbelastung zu untersuchen. Sie sollte schnell sein, und das Probenmaterial am Wildkörper leicht zugänglich - ohne wertvolle Fleischteile für den Verzehr unbrauchbar zu machen. Die Wahl fiel auf die Zunge. Die Untersuchungsergebnisse dieser Muskelproben korrelieren mit denen aus der Keule, haben wir in Voruntersuchungen herausgefunden.
Welche Werte haben Sie genau untersucht?
Wir haben uns auf drei Parameter konzentriert: Zuckerkonzentration im Muskel, pH-Wert und Fleischfarbe. Bei Stress transportiert beispielsweise der rote Blutfarbstoff Hämoglobin weniger Sauerstoff, dadurch wirkt das Fleisch blasser. Untersucht haben wir diese Parameter bei Rothirsch, Reh und Wildschwein.
Welche Unterschiede zwischen Fleisch aus Drück- und Ansitzjagd konnten Sie feststellen?
Tatsächlich keine. Die Farbe des Fleisches aus beiden Jagdarten hat sich ebenso wenig unterschieden wie die gemessenen Zuckerwerte im Muskel. Für die sogenannte Glukose gibt es eine natürliche Streubreite, die Werte sind von Tier zu Tier etwas unterschiedlich. Aber: Bei unseren Untersuchungen variierte die Streuung der Werte nicht zwischen Ansitz- und Drückjagd. Den pH-Wert haben wir nach dem Abhängen der Tiere in der Kühlkammer gemessen, also quasi kurz vor dem Verzehr. Auch hier gab es keine Unterschiede zwischen Wild, das auf Drückjagden oder auf dem Ansitz erlegt wurde.
Wie haben Sie die Untersuchungsergebnisse bei Wild eingeordnet?
Als Referenz haben wir Fleisch von Rindern untersucht, die auf der Weide erlegt wurden. Glucose- und pH-Wert ebenso wie die Fleischfarbe waren dabei ähnlich unauffällig wie bei Wild insgesamt - es gab also keine erhöhten Stresswerte. Hingegen waren die Unterschiede zwischen Rindern mit Weideschuss und Tieren aus dem Schlachthof sehr deutlich. Ähnliche Unterschiede hatten wir beim Vergleich von Fleisch aus Drück- und Ansitzjagden anfänglich erwartet. Bei gut durchgeführten Drückjagden sind Wildtiere allerdings wohl eher genervt von Treibern und Jagdhunden als übermäßig gestresst.
Was hat Ihrer Meinung nach dann Auswirkungen auf die Fleischqualität?
Es ist alles eine Frage der Fleischhygiene - das gilt für Drück- und Ansitzjagden gleichermaßen. Jägerinnen und Jäger müssen hygienisch einwandfrei und schnell arbeiten. Heißt: das erlegte Wild schnell aufbrechen, zügig in die Kühlung bringen und dort gut abhängen lassen. Das sorgt dann auch für den optimalen Geschmack des Fleisches.
Die Studie der Uni Fulda gibt es hier.
Quellen
https://link.springer.com/article/10.1007/s10344-025-01959-8