(Quelle: Kauer/DJV)

DJV-Forderungspapier zur Afrikanischen Schweinepest (ASP)

31. August 2021 (DJV) Berlin

Effektive Seuchenbekämpfung: Der DJV hat 16 zentrale Forderungen an Politik und Behörden aufgestellt.

Zur effektiven ASP-Bekämpfung hat der DJV ein Forderungspapier erstellt.
Zur effektiven ASP-Bekämpfung hat der DJV ein Forderungspapier erstellt. (Quelle: Kapuhs/DJV)

Die Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) ist unzureichend: Seit dem ersten Nachweis in Brandenburg (10. September 2020) und dem Eintrag in sächsische Schwarzwildbestände (31. Oktober 2020) gibt es einen ineffektiven Flickenteppich von Zuständigkeiten und Vorschriften. Die Seuche breitet sich unvermindert aus. Auch ein Übergreifen des tödlichen Virus auf drei brandenburgische Hausschweinebestände im Juli 2021 konnte nicht verhindert werden. Damit ist eine neue Dimension erreicht. Das Risiko ist inzwischen groß, dass die ASP auch in weiteren Bundesländern auftritt. Eine effektive Eindämmung ist nur möglich, wenn Ausbruchsherde künftig schnell isoliert werden. Hierfür müssen dringend Arbeitsabläufe überarbeitet und Infrastruktur geschaffen werden.

Ohne die Einbindung der Landwirte, Forstwirte und Jäger, die überaus gute regionale Ortskenntnisse und viel Wissen über das Verhalten des Schwarzwilds besitzen wird die ASP-Bekämpfung in Deutschland scheitern. Im Weiteren stellt sich auch die Frage, warum die Landkreise nicht dem Beispiel anderer europäischer Staaten folgt und zur Unterstützung der lokalen Kräfte bei der Fallwildsuche, Amtshilfegesuche zum Beispiel an die Bundeswehr richtet. Auf Landes -und Bundesebene ist ein zentraler Krisenstab einzurichten, der alle Kompetenzen vereint.

Zusammenarbeit vor Ort verbessern

Die Bekämpfung der ASP ist eine nationale Aufgabe - das Virus kennt keine Gemeinde-, Kreis-, oder Ländergrenzen. Deshalb müssen alle Ebenen von Politik und Verwaltung auf Landes- und Bundesebene konsequent und transparent zusammenarbeiten. Betroffene Jäger und Landwirte vor Ort müssen einbezogen werden. Aus diesem Grund ist es unabdingbar, dass alle Parteien an Krisengesprächen teilnehmen und regelmäßig eingebunden werden. Zudem sollte eine schnelle Informationsweitergabe zwischen allen Ebenen selbstverständlich sein und endlich ermöglicht werden.

Ausreichend Kühl- und Annahmestellen für Schwarzwild schaffen

Bereits im November 2020 führte Brandenburg die sogenannte Abgabeprämie für erlegtes, nicht marktfähiges Schwarzwild ein, das aus gefährdeten Gebieten ohne weiße Zonen sowie und Pufferzonen stammt. Es gibt dafür Abgabestellen in den Landkreisen. Erfahrungen zeigen jedoch: Es gibt viel zu wenige Abgabestellen, deren Öffnungszeiten sind außerdem unzureichend. Jäger sind bereit, den Schwarzwildbestand in den Restriktionszonen weiter zu reduzieren - die Behörden müssen jetzt praxistaugliche Voraussetzungen schaffen.

Land und Kreise haben Jäger aufgefordert, im Sinne der ASP-Prävention verstärkt Schwarzwild zu erlegen. In der Folge gibt es mehr vermarktungsfähiges Schwarzwild als der Markt aufnehmen kann. Die Behörden müssen deshalb jetzt die Infrastruktur verbessern, um die Bejagung von Schwarzwild weiter zu fördern. Es braucht flächendeckend Kühlräume zur Zwischenlagerung in ausreichender Zahl, die rund um die Uhr zugänglich sind.

Abgabe- und steuerfreies Prämiensystem als Anreiz zur verstärkten Bejagung

Prämien müssen abgabe- und steuerfrei sein. Dies gilt unter anderem für die Anlieferung nicht vermarktungsfähiger Wildschweine oder das Erlegen, Auffinden und Melden verendeter Wildschweine in den Restriktionsgebieten. Die Bürokratie, die derzeit mit Prämien verbunden ist, steht in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Flächendeckend Annahmestellen für ASP-Monitoringproben

Zur Früherkennung führt das Land Brandenburg auf Grundlage der Schweinepest-Monitoring-Verordnung (§ 2 SchwPestMonV) ein Monitoring durch: Jäger müssen von jedem erlegten Wildschwein eine Blutprobe zur ASP-Untersuchung entnehmen. Der Jäger muss diese dann dem Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Landkreises zur Verfügung stellen. Die Zahl der Annahmestellen für Probenmaterial muss deutlich vergrößert werden, um den zeitlichen und finanziellen Aufwand für Jäger zu minimieren und das ASP-Monitoring weiter zu verbessern. Die Abgabestellen in Ämtern oder Gemeindeverwaltungen müssen künftig rund um die Uhr zugänglich sein.

Hygienischer Betrieb der Kadaversammelstellen

Auf Grundlage der Schweinepest-Verordnung (§ 14d SchwPestV) müssen Personen, die in Kerngebiet, gefährdetem Gebiet und Pufferzone mit Wildschweinen in Berührung gekommen sind, Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen nach näherer Anweisung der zuständigen Behörde durchführen. Ebenfalls dazu zählen Hunde und Gegenstände. Es ist unabdingbar, dass die Veterinärbehörden der Landkreise der Jägerschaft wirksames Desinfektionsmittel bereitstellen. Insbesondere Kadaversammelstellen müssen ausreichend ausgestattet sein, damit Fahrzeuge und zur Bergung genutztes Material wirksam desinfiziert werden können.

Versicherungsschutz sicherstellen

Noch immer ist nicht abschließend geklärt, wer bei Unfällen die im Rahmen der Kadaversuche, -beseitigung und anderen ASP-Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen haftet. Da der Tierseuchenschutz, die -bekämpfung von öffentlichen Interesse ist und Auftraggeber in dem Falle eine öffentliche Stelle ist, muss sichergestellt sein, dass die Zuständigkeit der Versicherung bei den Unfallversicherungsträgern der öffentlichen Hand liegt und dies kommuniziert wird.

Übernahme der Trichinenuntersuchungsgebühr durch die Länder

Der finanzielle und zeitliche Aufwand für Probenentnahme (Trichinenproben) und deren Verbringung ist je nach Infrastruktur vor Ort sehr hoch und sollte entschädigt werden. Zudem müssen die zuständigen Behörden den Jagdausübungsberechtigten Material zur Probenahme in genügendem Umfang bereitstellen. Jäger, die sich an der Fallwildsuche freiwillig beteiligen oder dazu verpflichtet werden, sollten unbürokratisch und dem Aufwand entsprechend entschädigt werden.

Anfallende Kosten für die verpflichtende Trichinenuntersuchung bei Schwarzwild sollten die Länder direkt übernehmen. Eine aktuell in einigen Ländern praktizierte Erstattung der Gebühren über die Veterinärbehörden ist verbunden mit einem erheblichen bürokratischen Aufwand und nicht praktikabel.

Unterstützung bei der Vermarktung von Schwarzwild-Wildbret

Die Reduktion des Schwarzwildbestandes muss mit einer Förderung der Vermarktung und Verwertung von Wildbret einhergehen. Dies beginnt bei der Bereitstellung entsprechender Kühlkapazitäten und endet bei der Absatzförderung für Schwarzwild. Insofern sollten Bund und Länder den Wildschweinemarkt deutlich stärker aktivieren. Hilfsweise sollten bereits die Rahmenbedingungen für die Schaffung eines Sekundärmarktes geklärt werden (Konserven). 

Damit Jäger nicht mehr auf die Abnahme des erlegten Wildes durch Wildbrethändler angewiesen sind, müssen Bund und Länder Maßnahmen vorschlagen, um die private oder gemeinschaftliche Wildbretvermarktung zu fördern. Dies wäre in Form einer Investitionsförderung für Aufwendungen möglich, die der Erfassung, Lagerung, Kühlung, Sortierung, marktgerechten Aufbereitung, Verpackung und Etikettierung von Wildbret dienen.

Vorgaben des Lebensmittelhygienerechts überprüfen

Die lebensmittelrechtlichen Vorgaben müssen dahingehend überprüft werden, ob sie der Direktvermarktung entgegenstehen. Bei der Wahrung der erforderlichen hohen Hygienestandards sollten die Spielräume, die auch das Europarecht einräumt, genutzt werden. Dazu gehört u.a., dass Jäger einen Metzger als Dienstleister einschalten können. Ggf. sind pragmatische Lösungen - unter Beachtung der erforderlichen hohen Hygienestandards - zu entwickeln. Dazu gehört auch, dass die Anforderungen an die Räumlichkeiten den Erfordernissen der Direktvermarktung von Wildbret angepasst werden und dass genossenschaftliche Zerwirkräume genutzt werden können. Die entsprechenden Ergebnisse der Projektgruppe "Ausnahmewild" der AFFL sollten verbindlich kommuniziert werden.

Jagd in befriedeten Gebieten und Schutzgebieten zulassen sowie jagdliche Infrastruktur ausbauen

Aus Gründen der Abwehr der Afrikanischen Schweinepest sollten auch Gebiete mit derzeit beschränkter Jagdausübung verstärkt bejagt werden. In einigen Landkreisen bieten große Schutzgebiete Rückzugsorte für Schwarzwild. Einzelne Städte in Deutschland haben zudem eine große Schwarzwildpopulation. Darüberhinausgehend sollten die Jäger bei der Einrichtung der jagdlichen Infrastruktur in diesen Gebieten finanziell unterstützt werden. 

Die Infrastruktur bezüglich Sammelstellen für Aufbruch und Fallwild muss stark ausgebaut werden. Den Jägern müssen ausreichend Einrichtungen zur Verfügung gestellt werden, um den Aufbruch oder Fallwild während des Seuchenfalls gebührenfrei zu entsorgen.

Straßenverkehrsrechtliche Genehmigungen bei revierübergreifenden Drückjagden

Revierübergreifende Drückjagden sind eine erfolgsversprechende Maßnahme, um Schwarzwild effektiv zu bejagen. Die aufwändige behördliche Genehmigung der Verkehrssicherung und damit verbundene Kosten sind vielfach eine Hürde. Vereinfachung der Verfahren und finanzielle Unterstützung sind deshalb unverzichtbar.

Ausbildung und Einsatz von Hunden und anderen Hilfsmitteln fördern

Die Ausbildung von Schwarzwildkadaverspürhunden ist zu intensivieren und nach einem einheitlichen Standard zu organisieren. Im Zuge dessen ist auch die Steuerbefreiung von brauchbaren Jagdhunden sinnvoll. Zudem sollten Schwarzwildgatter für die Jagdhundeausbildung von den Ländern finanziell gefördert werden. Zeitgemäße Schutzausrüstung für Jagdhund und Jäger sowie Ortungsgeräte sind teuer. Eine finanzielle Unterstützung ist sinnvoll. Im Weiteren erweisen sich auch Drohnen mit Wärmbildtechnik im Seuchengeschehen als sehr hilfreich. Unter anderem werden damit Schwarzwildeinstände in den Restriktionsgebieten gesucht und landwirtschaftliche Flächen vor jeglicher Bearbeitung abgeflogen um Schwarzwildkadaver zu finden. Auch in diesem Fall ist eine finanzielle Unterstützung mit Blick auf dem aktuell laufenden Bundesförderprogramm zur Rehkitzrettung sinnvoll.

Nachtzieltechnik und künstliche Lichtquellen

Der Einsatz von Nachtzieltechnik (Vor- und Aufsatzgeräte) sollte bundesweit auch mit Infrarot-Aufheller für die Jagd auf Schwarzwild möglich sein. Dazu sollte im Zuge der Änderung des Bundesjagdgesetzes auch § 40 Abs. 3 WaffG entsprechend ergänzt werden. Künstliche Lichtquellen sollten waffenrechtlich auch an der Waffe angebracht werden dürfen, sofern der Einsatz jagdrechtlich im Einzelfall erlaubt ist.

Kleine Kugel für Frischlinge erlauben

Zahlenmäßig stellen Frischlinge den größten Anteil einer Wildschweinpopulation dar. Aufgrund ihrer geringen Vitalität gelten Frischlinge als die anfälligste Altersklasse gegenüber Krankheiten. Zudem tragen Frischlingsbachen ab einem Körpergewicht von etwa 20 Kilogramm bereits zum Anwachsen der Schwarzwildpopulation bei. Aus diesem Grund hat die Jagd auf diese Altersklasse höchste Priorität. Es muss künftig möglich sein, dass Frischlinge auch mit der "kleinen Kugel" erlegt werden dürfen. Geschosse, die einen Durchmesser von weniger als 6,5 Millimeter und eine Auftreffenergie von weniger als 2.000 Joule auf 100 Meter erreichen, werden als „kleine Kugel“ bezeichnet.

Bejagungsschneisen unbürokratisch zulassen

Ohne Schneisen können 6,8 Millionen Hektar Feldfläche (ein Viertel Deutschlands) von Mai bis Oktober kaum bejagt werden, weil die Vegetation zu hoch ist. Dort wandern Wildschweine im Sommerhalbjahr ein. Um die Feld- und Erntejagd, insbesondere im Seuchenfall, erleichtern zu können, muss es für Landwirte unbürokratisch möglich sein Bejagungsschneisen anzulegen. Insbesondere die Länder sollten hierfür alle zur Verfügung stehenden förderrechtlichen Möglichkeiten konsequent nutzen und umsetzen. Landwirte müssen ausreichend dafür entschädigt werden, sollten sie im Seuchenfall für Bejagungsschneisen Felder frühzeitig beernten oder Kulturen zerstören müssen.  Damit wird eine Bejagung des Schwarzwildes in der Agrarlandschaft verbessert und gleichzeitig der bürokratische Aufwand für den Landwirt verringert.

Aufhebung bzw. Überprüfung von Kirrverboten

Im Seuchenfall sollten aktive Fütterungen und Kirrungen (sog. Ablenkfütterungen) ermöglicht werden. Neben einer Beschränkung oder des Verbotes der Nutzung landwirtschaftlicher Flächen kann so das Schwarzwild an Wanderungen zu anderen Einständen und Nahrungsquellen gehindert werden. Dadurch wird unmittelbar eine Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest verhindert.

 

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ASP-Forderungspapier des DJV (Stand: 31.08.2021)

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