(Quelle: Kauer/DJV)

Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus)

Das Europäische Wildkaninchen, seit der letzten Eiszeit nur noch auf der iberischen Halbinsel und in Nordafrika vorkommend, wurde schon von den Römern als Haustier gehalten. Von ihm stammen alle Hauskaninchen ab. Schon im 13. Jahrhundert wurde es zunächst auf der Insel Amrum ausgesetzt, seine sprichwörtliche Vermehrungsfähigkeit verhalf der Art sich schnell über ganz Mitteleuropa auszubreiten. Erst die Myxomatose, durch den Menschen künstlich in die Besätze eingebracht, ließen die hohen Populationsdichten sehr schnell einbrechen.

Wildkaninchen
Wildkaninchen (Quelle: Grell/DJV)

Kennzeichen

  • wesentlich kleiner als Feldhase, mit kürzeren Ohren ohne schwarze Spitzen, Auge dunkel
  • Haar oberseits graubraun, der Nacken rostbraun, die Bauchseite und Unterseite des kurzen Schwanzes (=Blume) ist weiß gefärbt
  • beide Geschlechter sind gleich groß, die Körperlänge beträgt 40-50cm, das Gewicht liegt bei 1,5 bis 2 kg
  • Kaninchen haben deutlich kürzere Hinterbeine als Feldhasen, da sie zur Feindvermeidung nur kurze Sprints in ihre nahegelegenen Baue bewältigen müssen

 

Verbreitung und Stellung im zoologischen System

  • ursprünglich nur in Iberien und Nordafrika vorkommend, schon von den Römern nach Südeuropa verbracht, später vielerorts eingebürgert
  • heute in ganz Europa vorkommend, mit Ausnahme Nord-Skandinaviens und Islands
  • die hohe Vermehrungsrate von Kaninchen und fehlende Feinde brachten in darauf nicht angepassten Ökosystemen (z.B. Australien, Neuseeland und Amerika) z.T. weitgreifende Störungen
  • Klasse Mammalia (Säugetiere) Ordnung der Hasenartigen (Lagomorpha) Familie der Hasen (Leporidae), dort die einzige Art der Gattung Oryctolagus

Dichte des Wildkaninchens in Deutschland

Weitere Auswertungen, Karten und Diagramme im WILD-Portal

Lebensraum

  • offene Landschaften mit niedrigerer Vegetation und Gebüschinseln, lockerem Boden zum Graben der Baue 
  • im Ursprungsgebiet an Grenzen von Landschaftstypen, wie feuchtem Grasland oder sandigen Vegetationszonen
  • meidet große Waldgebiete
  • in heute intensiv genutzten mitteleuropäischen Landschaften wenig größere geeignete Habitate mehr vorhanden

Nahrung

  • hauptsächlich Gräser, auch andere Pflanzen, Nahrungsgeneralist
  • nicht wählerisch (im Gegensatz zum Feldhasen), da die kleinen Aktionsradien (Bau als Zentrum und Sicherheit!) und hohen Dichten keine Spezialisierung erlauben
  • die jahreszeitlich verfügbare Nahrungsmenge kann Kaninchenpopulationen regulieren
  • Kaninchen können den Wasser- und Salzgehalt von Pflanzen unterscheiden

Sinnesleistung und Verhalten

  • bei Auseinandersetzungen oder wenn sie von Beutegreifern attackiert werden, stoßen sie langgezogene, Schrille Schreie aus
  • Trommeln mit den Hinterbeinen auf den Boden als Warnsignal
  • besitzen eine Vielzahl von Drüsen, die den Gruppenmitgliedern und fremden Kaninchenfamilien Informationen zu individuellem Status und Revier vermitteln
  • der Geruchssinn ist daher sehr gut ausgebildet, Sehsinn reagiert hauptsächlich auf Bewegung. Zum Hören und Sehen in die Ferne stellen sich Kaninchen oft auf die Hinterbeine. Schnurrhaare dienen zur Orientierung im Bau und in den Röhren
  • es werden Familienbaue angelegt, innerhalb der Familie herrschen Hierarchien vor, die z.T. durch aggressive Kämpfe aufgebaut werden
  • die Gruppe/Familie verteidigt ein Territorium

Fortpflanzung und Lebenserwartung

  • Paarungszeit (Rammelzeit) beginnt im Februar/ März
  • nach 28-30 Tagen Tragzeit setzt die Häsin in einer dafür gegrabenen Setzröhre 5-10 Jungtiere, die nackt und blind sind (Nesthocker)
  • eine Häsin kann 2 bis 4 Würfe pro Jahr setzen
  • ab dem 20. Tag werden die Jungen auch außerhalb des Baues gesäugt, das Absetzen erfolgt kurz vor dem nächsten Wurf
  • die Jungtiersterblichkeit ist sehr hoch (bis 90%)
  • Geschlechtsreif sind Kaninchen mit 6-8 Monaten
  • durchschnittliche Lebenserwartung nicht über 2 Jahre

Gefahren, Feinde, Krankheiten

  • im Ursprungsgebiet viele Boden- und Luftfeinde (alle Raubtierarten, fast alle größeren Greifvögel)
  • die Myxomatose, ein Virus, führte zum starken Populationsrückgang, obwohl es immer auch Tiere gibt, die immun sind; daneben tritt vermehrt die sog. Chinaseuche (RHD, Rabbit hemorrhagic disease) auf, mit einer Sterblichkeitsrate von fast 100%.

EXTRA-Fakt

  •  durch die Myxomatose und Lebensraumveränderungen wurden auch in Spanien die Kaninchenbesätze stark reduziert, die Folgen für die dort von den Kaninchen abhängigen Beutegreifer (Beispiel Iberischer Luchs und Kaiseradler) sind fatal: spezialisiert auf Wildkaninchen sind sie vom Aussterben bedroht

Das Wildkaninchen im Jagdrecht

  • Wildkaninchen dürfen ganzjährig bejagt werden, vorbehaltlich des § 22(4): führende Tiere sind während der Aufzuchtszeit zu schonen

 

Quellen

  • Niethammer, J.; Krapp, F. (2003): Handbuch der Säugetiere Europas. Band 3/II: Hasentiere - Lagomorpha. Aula Verlag Wiesbaden.