(Quelle: Kauer/DJV)

“Ein Wurstbrot reicht aus, um die Seuche einzuschleppen“

5. Oktober 2015 (djv) Berlin

DJV-Interview mit Dr. Sandra Blome zur Afrikanischen Schweinepest

Hochansteckend und in jedem Fall tödlich: die Afrikanische Schweinepest.
Hochansteckend und in jedem Fall tödlich: die Afrikanische Schweinepest. (Quelle: Blome/FLI)

Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine der bedeutendsten Viruserkrankungen beim Schwein; es können sowohl Haus- als auch Wildschweine an ihr erkranken. Das ASP-Virus gelangte 2007 nach Georgien und in den Kaukasus und hat sich von dort weiter verbreitet bis nach Ostpolen und ins Baltikum. Besonders junge und geschwächte Tiere sind anfällig für das ASP-Virus. Der DJV fordert in diesem Zusammenhang ein Aussetzen der Gebühren für die Trichinenbeschau bei Frischlingen in Deutschland. So wird für Jäger ein Anreiz geschaffen, den Frischlingsabschuss zu erhöhen.

Mit Blick auf die Drückjagdsaison ist die Afrikanische Schweinepest ein wichtiges Thema für Jägerinnen und Jäger. Der DJV befragte hierzu Dr. Sandra Blome vom nationalen Referenzlabor für Tierseuchen.

  1. Wie ist die aktuelle Situation der ASP in Europa und ist ein Ausbruch in Deutschland zu erwarten?

Dr. Sandra BlomeIn den EU-Mitgliedsstaaten Polen, Litauen, Lettland und Estland werden seit Beginn 2014 regelmäßig Fälle von Afrikanischer Schweinepest (ASP) bei Haus- und Wildschweinen festgestellt.  Aufgrund der Nähe der ersten Ausbrüche in diesen Ländern zur weißrussischen Grenze ist davon auszugehen, dass  die Einschleppung der ASP in die baltischen Staaten und nach Polen von Weißrussland aus erfolgte. In den betroffenen Regionen gelten Restriktionsmaßnahmen zur Bekämpfung gemäß EU-Recht. Russland berichtet seit mehreren Jahren immer wieder von Fällen, die Lage in Weißrussland ist aufgrund fehlender Daten schwer einzuschätzen. In den letzten Monaten meldete zudem die Ukraine Fälle von ASP.

Eine Einschleppung der ASP nach Deutschland, besonders über kontaminierte Fleischprodukte, kann nicht ausgeschlossen werden.

2. Welche Übertragungswege für ASP sind bereits bekannt oder gelten als wahrscheinlich?

Die Erkrankung kann direkt von Tier zu Tier oder indirekt über kontaminierte Gegenstände übertragen werden. Unter ungünstigen Bedingungen kann ein unachtsam entsorgtes Wurstbrot ausreichen, um die Seuche einzuschleppen und auch in Deutschland Ausbrüche zu provozieren. Besonders effizient ist die Übertragung über Schweiß (Blut). Kleinste Tropfen reichen für eine Infektion, daher ist Hygiene bei der Jagd besonders wichtig.

3. Welche Symptome sind typisch für ASP und gibt es auch äußerlich erkennbare Kennzeichen, die den Jäger auf die Erkrankung des beobachteten Wildschweins hinweisen?

Bei europäischem Schwarzwild führt die Infektion zu sehr schweren, aber unspezifischen Allgemeinsymptomen wie Fieber, Schwäche, Fressunlust, Bewegungsstörungen und Atemproblemen. Durchfall und Blutungsneigung (Nasenbluten, blutiger Durchfall, Hautblutungen) können ebenfalls auftreten. Erkrankte Tiere zeigen mitunter eine verringerte Fluchtbereitschaft („Liegenbleiben in der Suhle“) oder andere Auffälligkeiten wie Bewegungsunlust und Desorientiertheit. Die Erkrankung betrifft alle Altersklassen und Geschlechter gleichermaßen und führt in nahezu allen Fällen zum Tod des Tieres etwa innerhalb einer Woche.

Beim Aufbrechen der Stücke sollte auf vergrößerte, „blutige“ Lymphknoten, eine vergrößerte Milz und feine, punkt- oder flächenförmige Blutungen in den Organen, der Haut oder Unterhaut geachtet werden. Die Lunge und die Atemwege sind häufig mit Schaum gefüllt.

Das Fehlen solcher Auffälligkeiten schließt nicht aus, dass es sich dennoch um ASP handelt. Die Erkrankung kann nicht anhand der Krankheitserscheinungen von der Klassischen Schweinepest (KSP) und anderen schweren Erkrankungen  unterschieden werden.

4. Wie sollte man sich verhalten, wenn ein totes Wildschwein gefunden wird?

Da es lokale Unterschiede gibt, können hier nur die generellen Bausteine aufgeführt werden. Diese sind: Information der zuständigen Veterinärbehörde, wenn Schweinepest als Todesursache nicht ausgeschlossen werden kann, Absprache der Probennahme und mögliche Hygienemaßnahmen.

Als Probenmaterial eignen sich besonders Schweiß- und Milzproben, notfalls Proben von anderen Organen  oder ein Knochen. Sogar in Verwesung befindliche Stücke können noch untersucht werden.

Besondere Vorsicht sollte man bei Gegenständen walten lassen, die Kontakt zu Schweiß von Schwarzwild hatten. Hierzu gehören unter anderem Stiefel, Lappen, Wildwannen, Messer und Kleidungsstücke.

Außerdem sollte nicht außeracht gelassen werden. , dass Trophäen und Schwarzwildprodukte aus betroffenen Regionen ein Risiko für die Einschleppung der ASP darstellen können, wenn sie nicht ordnungsgemäß dekontaminiert worden sind. Gleiches gilt für die verwendeten Kleidungsstücke und Gegenstände.

5. Haben Bund und Länder einen Notfallplan falls die ASP in Deutschland ausbricht und was muss    die Jägerschaft dann beachten?

Den rechtlichen Rahmen der Bekämpfung gibt in Deutschland  die Schweinepestverordnung vor. Basierend auf den dortigen Regelungen, wurde ein Notfallplan erstellt, der neben den Maßnahmen im Hausschwein auch die Bekämpfung der Wildschweinepest enthält.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Seuchenlage werden derzeit die Details erneut diskutiert.

Die Schweinepestverordnung enthält folgende Eckpunkte:

Jeder Verdacht auf Afrikanische Schweinepest wird durch die zuständige Behörde mittels labordiagnostischer und epidemiologischer Untersuchungen abgeklärt. Sollte ein Ausbruch amtlich bestätigt werden, wird um die Abschuss- oder Fundstelle ein sogenannter „gefährdeter Bezirk“ festgelegt (wie bei der KSP) und durch Schilder ausgewiesen („Afrikanische Schweinepest bei Wildschweinen – Gefährdeter Bezirk“). In diesem Bezirk werden auch die Hausschweine Untersuchungen unterzogen und unterliegen bereits weitreichenden Restriktionen. Für die Bekämpfung im Schwarzwildbereich können die Jagdausübungsberechtigten zur Mitwirkung bei den festgelegten Maßnahmen verpflichtet werden (z.B. verstärkte und konzertierte Bejagung).

Für den Jagdausübungsberechtigten sind insbesondere folgende Punkte wichtig:

  • Im gefährdeten Bezirk ist jedes erlegte Wildschwein durch den Jagdausübungsberechtigten zu kennzeichnen (Markierung und Begleitschein) und einer labordiagnostischen Untersuchung zuzuführen (Details zum Ablauf legen die zuständigen Behörden vor Ort fest)
  • Der Tierkörper, der Aufbruch und der Begleitschein sind einer behördlich festgelegten Wildsammel- oder Annahmestelle zuzuführen.
  • Bei Gesellschaftsjagden hat das Aufbrechen der Tiere und die Sammlung des Aufbruchs zentral zu erfolgen.
  • Jedes verendet aufgefundene Wildschwein ist der Behörde unter Angabe des Fundorts anzuzeigen und zu kennzeichnen. Aufbruch und verendet aufgefundene Tiere werden unschädlich beseitigt. Gleiches gilt für positiv getestete Wildkörper.
  • Auch in angrenzenden Gebieten können weitreichende Untersuchungen angeordnet werden.