(Quelle: Kauer/DJV)

DJV lehnt Jagdgesetzentwurf aus Rheinland-Pfalz in Gänze ab

11. August 2023 (DJV) Berlin

Abschussvorgaben: Zentrale Planwirtschaft soll Regelungen zwischen Eigentümer und Pächter ersetzen. Forstwirtschaftliche Interessen dominieren. Muttertierschutz und Schonzeiten sollen ausgehebelt werden.

Der DJV lehnt den Jagdgesetzentwurf komplett ab.
Der DJV lehnt den Jagdgesetzentwurf komplett ab. (Quelle: DJV)

Der Deutsche Jagdverband (DJV) lehnt den Regierungsentwurf zum neuen Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz komplett ab und unterstützt den Landesjagdverband bei seinen Protesten. Besonders kritisch sind die Angriffe gegen die Grundstruktur des erfolgreichen Reviersystems in Deutschland, die im vorliegenden Entwurf zu finden sind. Künftig sollen fachbehördliche Stellungnahmen gemeinsame Vorstellungen zur Abschussplanung zwischen Eigentümer und Pächter überlagern. Grundlage sollen sogenannte forstbehördliche Stellungnahmen der Unteren Forstbehörde sein, ergänzt durch Stellungnahmen von Landwirtschafts- und Naturschutzbehörden. Jagd soll folglich verstaatlicht werden, zentrale Planwirtschaft soll die bewährten partnerschaftlichen privatrechtlichen Regelungen zwischen Landeigentümer und Jagdpächter ersetzen. Dieser Eingriff tangiert vor allem die Freiheiten der Grundstückseigentümer. Der DJV bewertet den Entwurf auf dieser Basis als inakzeptablen Frontalangriff gegen die Grundprinzipien des international hoch anerkannten deutschen Jagdsystems.

Rechtskreise müssen getrennt bleiben

Der DJV lehnt die Schwächung des Rechtskreises Jagd gegenüber den jeweiligen Rechtskreisen Wald und Naturschutz entschieden ab, wie sie durch die geplante fachbehördliche Stellungnahme in Rheinland-Pfalz droht. Insbesondere forstwirtschaftliche Interessen sollen damit Vorrang gegenüber wildbiologischen Erkenntnissen gewinnen, maßgeblich zulasten des Tierschutzes. Die Landesregierung will im Kern an Jahrzehnte alten, erfolglosen Theorien festhalten und nur anhand von Verbissgutachten die Höhe von Abschüssen festlegen. Ergibt die geplante Stellungnahme eine "Beeinträchtigung der geschützten forstwirtschaftlichen Belange" oder sind die "im allgemeinen Interesse liegenden Wirkungen des Waldes in ihrer Vielfalt durch Wildeinwirkung" geschmälert, ist nur eine Lösung vorgesehen: verpflichtende Abschusserhöhung, gepaart mit staatlichen Zwangsmitteln bis hin zu Zwangsgeld oder Ersatzvornahme, gegebenenfalls sogar außerordentliche Kündigung des Jagdpachtvertrages, einhergehend mit Schadensersatzverpflichtung des Jagdpächters.

Mehr wildbiologischer Sachverstand notwendig

Stattdessen braucht es laut DJV mehr wildbiologischen Sachverstand für das Jagdgesetz: Notwendig ist eine wildökologische Raumplanung für ein integratives Wildtier- und Habitatmanagement auf ökologischer und sozio-ökonomischer Grundlage. Mit anderen Worten: Auch Wildtiere haben Lebensraumansprüche, die mit vom Menschen formulierten unterschiedlichen Nutzungsansprüchen und Zielvorgaben in Einklang gebracht werden müssen – und auch können. Aus Tierschutzsicht untragbar ist, dass Elterntiere von Reh-, Rot-, Dam- und Schwarzwild bereits dann erlegt werden dürfen, wenn die Abhängigkeit von Muttermilch endet. Tierleid wird so in Kauf genommen. Dies wird ganz besonders deutlich beim Rotwild: Die Abhängigkeit des Jungtieres geht aus wildbiologischer Sicht weit über die Wintermonate hinaus. Ohne Begleitung des Muttertiers hat das Rotwildkalb keine Chance, in Sozialverbände aufgenommen zu werden – und damit den Winter überhaupt zu überleben. Die Obere Jagdbehörde soll darüber hinaus sogar noch weitergehend Schonzeiten und Muttertierschutz aufheben dürfen, und zwar schon bei „andauernden Wildschäden" – bisher war dafür noch die Feststellung „übermäßiger Wildschäden“ erforderlich. Zudem soll das für einzelne Jagdbezirke, bestimmte Gebiete oder sogar landesweit möglich sein. Solche Einschnitte in den Tierschutz sind laut DJV wildtierfeindlich und nicht hinnehmbar.

Jagd nach Wild-West-Manier sorgt für mehr Wildschäden

Die geplante Jagderlaubnis für Grundstückseigentümer begünstigt laut DJV eine kleinteilige Bejagung nach Wild-West-Manier zum Nachteil der Wildtiere. Das bundesweit bewährte Reviersystem wird dadurch bewusst gestört. Zu erwarten sind vermehrte Störungen durch unkoordinierte Jagd und in der Folge steigende Wildschäden. Stattdessen funktioniert nachhaltige Wildbewirtschaftung anhand wildbiologischer Erkenntnisse großflächig mit langfristig geplanten Ruhe- und Äsungsflächen.

In den sozialen Medien hat der Dachverband der Jäger die Aktion "Jagdgesetzentwurf Rheinland-Pfalz: #InDieTonne" gestartet. Zu Wort kommen auf YouTube, FacebookInstagram und Twitter ausgewiesene Experten, die grobe Fehler des Gesetzentwurfs kritisieren. Am 18. August 2023 veranstaltet der Landesjagdverband Rheinland-Pfalz eine Sonderdelegiertenversammlung zur geplanten Gesetzesänderung. Der DJV wird in Kooperation mit dem Landesjagdverband ab 14 Uhr live im Internet berichten: https://landesjagdverband.we-bcast.de/