(Quelle: Kauer/DJV)

Seeadler stirbt in Berliner Tierklinik

9. November 2012 (dpa/djv) Detmold
Vermutliche Ursache: Bleivergiftung

Das achtjährige Adlerweibchen, das in Mecklenburg-Vorpommern gefunden wurde, verendete am Donnerstag in der Tierklinik der Freien Universität Berlin (FU), teilte der Naturschutzbund (Nabu) am Freitag mit. Die Tierärzte stellten im Blut eine Bleikonzentration fest, die dreimal so hoch war wie eine tödliche Dosis. Naturschützer vermuten, dass der Greifvogel die Reste eines Wildtieres gefressen hat, das mit Blei geschossen wurde. Beringt wurde der Seeadler als Küken in Berlin. Die Berliner Landesforsten haben Bleimunition inzwischen verboten.

Seit dem Jahr 2011 seien bereits rund 80 Seeadler mit Bleivergiftungen an der FU-Tierklinik behandelt worden, sagte Rainer Altenkamp, Vize-Vorsitzender des Berliner Nabu. Nur 10 bis 15 Prozent der Tiere hätten überlebt. Zumeist löst die hohe Bleikonzentration im Körper Atemnot aus. Die Tiere ersticken qualvoll. Im Röntgenbild seien im Magen des verendeten Adlerweibchens Bleipartikel zu sehen gewesen, berichtete der Nabu.

Die Bestände des majestätischen Seeadlers stehen in Deutschland unter Schutz. Sie haben sich insbesondere nach dem Verbot von Pestiziden wie DDT in den 1970er Jahren erholt. Der Nabu schätzt, dass es in Deutschland rund 500 Seeadler-Paare gibt, davon 170 in Mecklenburg,
110 in Brandenburg und rund 100 in Sachsen. Verbreitet sind die Tiere vor allem wieder im Nordosten Deutschlands. «In Berlin gibt es ein Paar. Das hegen und pflegen wir», sagt Altenkamp.

Um Bleivergiftungen der Greifvögel zu verhindern, fordert der Nabu ein Verbot bleihaltiger Munition im Bundesjagdgesetz. Denn bisher sind die Geschosse nur in den Berliner Forsten verboten. Die Brandenburger Landesforsten wollten im April 2013 nachziehen, sagte Altenkamp. Allerdings gelte das Verbot dort dann nur für rund ein Drittel des bejagbaren Waldbestands. Der Rest sei in anderem Besitz.
In anderen Bundesländern gebe es bisher lediglich regionale Einschränkungen, etwa von einzelnen Forstverwaltungen.

«Wir kleben nicht am Blei», sagt Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdschutzverbandes am Freitag. Der Verband sei an einer Lösung interessiert, wolle dafür aber alle Fakten abwarten. So liefen zur Zeit bundesweit noch Untersuchungen über die Tötungswirkung verschiedener Munitionsarten als auch über Lebensmittelsicherheit. Jagdmunition lasse sich nur mit den Materialien Zinn, Zink, Blei oder Kupfer herstellen. Gold ginge auch, ist aber viel zu teuer. «Berufsjäger haben mir gesagt, dass sie große Tiere wie Hirsche ohne Blei nicht sicher töten könnten», sagte Reinwald. Die Tiere würden zwar perfekt getroffen, liefen dann aber trotzdem noch schwer verletzt weiter. «Das ist auch nicht tierschutzgerecht», ergänzte Reinwald.

Eine Lösung sei aber zum Beispiel, die Eingeweide des erlegten Wildes zu vergraben, damit Seeadler das Aas nicht fressen könnten. Viele Jäger machten das auch, da das Vergiftungsrisiko für andere Tiere bekannt sei. «Seeadler haben aber einen Radius von 300 Kilometern», sagte der Sprecher. «Wenn der Adler in Mecklenburg gefunden wurde, heißt das noch lange nicht, dass er dort bleihaltiges Aas gefressen hat. Das kann er auch in Polen gemacht haben.»

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