(Quelle: Kauer/DJV)

Wisente vs. Waldbauern

10. September 2014 (dpa) Bad Berleburg/Schmallenberg

Die Wiederansiedlung der Wisente im Rothaargebirge freut Artenschützer, Waldbauern hingegen haben Angst vor Schäden. Nun ist ein Amtsgericht am Zug.

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Wisent (Quelle: Tierfotoagentur D.M. Sheldon/DJV)

Seit knapp eineinhalb Jahren streift erstmals seit Jahrhunderten wieder eine Wisent-Herde frei durchs Rothaargebirge. Artenschützer in Europa sind begeistert. Einige Waldbauern würden den «König der Wälder» allerdings lieber wieder hinterm Zaun sehen, weil die Rinde ihrer Buchen ganz oben auf dem Speiseplan der Wildrinder steht.

Leitkuh Araneta hat aufgetischt: Leckere Buchenrinde in einem Wald auf dem Rothaarkamm. Die Schälschäden an den Bäumen sind offensichtlich. «Das sieht man den Bäumen schon an. Wir wissen nicht, warum die so gern dort sind», sagt Wisent-Ranger Jochen Born. «Vielleicht ist es bei diesem Waldbauern besonders schmackhaft.»

Zwar werden die Schäden der Waldbauern vom Trägerverein des Projektes, der Wittgensteiner Wisent-Welt, beglichen, doch einer der Waldbauern wollte nicht mehr hinnehmen, dass seine Bäume angeknabbert werden. Am Donnerstag (11. September) treffen sich Waldbauer und Wisent-Freunde vor dem Amtsgericht Schmallenberg.

Born freut sich und ist gleichzeitig besorgt. «Wir haben die Herde nicht mehr so im Griff wie noch zu Beginn des Projektes. Sie werden halt wild. Vor einem Jahr liefen sie noch hinter unserem Auto her, jetzt laufen sie weg.» Genau das sei ja auch bezweckt worden, als im April 2013 der Zaun um das Auswilderungsgehege in einem Wald im siegerländischen Teil des Rothaargebirges abgebaut wurde.

Warum Araneta und ihre elf Gefolgstiere, von denen bereits fünf in Freiheit geboren wurden, sich im Sauerland so wohlfühlen, ist Born ein Rätsel. Vielleicht sei die in einem Amsterdamer Gehege geborene Wisent-Dame ja auch katholisch, sagt er scherzhaft. Auf dem Rothaarkamm verläuft auch eine Religionsgrenze zwischen dem protestantischen Siegerland und dem katholischen Sauerland.

Es geht eigentlich nur um einige tausend Euro Schaden an alten Buchen, doch letztlich entscheidet das Gericht über Wohl und Wehe des Projektes. In einer Verfügung hatte das Amtsgericht zunächst festgestellt, dass der Trägerverein dafür sorgen soll, dass die Wisente sich nicht im Wald des Klägers aufhalten.

Für Amtsrichter Ralf Fischer steht die Frage im Mittelpunkt, ob die Wisente «herrenlos» sind oder nicht. Bisher hatte der Trägerverein immer betont, «Halter und Eigentümer» der Herde zu sein. Damit habe man deutlich machen wollen, dass man für die Schäden durch die Wisente aufkommt, sagt der Vorsitzende des Trägervereins, der Bad Berleburger Bürgermeister Bernd Fuhrmann (CDU).

Einer, der seinen Schaden ersetzt bekommen hat, ist Georg Droste. «Das ist nicht das Problem», sagt er. Nur was nütze ihm der regelmäßige Ersatz von Setzlingen, die wegen der Wisente erst später oder nie Ertrag bringen? Grundsätzlich habe er nichts gegen das Projekt: «Aber nicht in meinem Wald.» Dafür solle der Trägerverein sorgen.

Der schwenkt nun um. Denn wenn ihm die Tiere gehören, muss er nicht nur für sie haften, sondern sie notfalls auch einsperren. Eine rechtliche Überprüfung habe ergeben, dass die Tiere «herrenlos» seien, hatte der Verein in seiner Erwiderung auf den Gerichtsbeschluss argumentiert. «Bei den Wisenten handelt es sich um Wild- und nicht um Haustiere.»

Über den Erfolg des vom Bundesamt für Naturschutz und dem Landesumweltministerium geförderten Projekts sollte ursprünglich erst in einigen Jahren entschieden werden. «Nun geht es schneller als geplant», sagt Ranger Born. Aber das Gericht habe in der Einstweiligen Verfügung ja auch signalisiert, dass man dem «Wildtier des Jahres 2014» eigentlich kein Waldverbot erteilen kann.