(Quelle: Kauer/DJV)

Erhöhte Wildunfallgefahr im Herbst

8. September 2014 (dpa) Karlsruhe/Ulm

Die Tiere verlieren meist ihr Leben, die Menschen Zeit und Geld. Experten erwarten, dass die Zahl der Wildunfälle jetzt wieder zunimmt. Grünbrücken könnten helfen.

Prävention mit blauen Wildwarnreflektoren
Prävention mit blauen Wildwarnreflektoren (Quelle: DJV)

Mit dem früh einsetzenden Herbst steigt das Risiko ungewollter Treffen mit der Natur: Vier Mal am Tag kracht es zwischen Auto und Tier allein im Bereich des Polizeipräsidiums Ulm.

«Uns brennt das Thema auf den Nägeln», heißt es dort. Wenn jetzt die Tage wieder kürzer werden, wird das Wild aktiver. Vor allem in der Dämmerung kann es häufiger zu fatalen Begegnungen kommen.

«Ausweichmanöver gehen nicht immer glimpflich aus, und auch beim Aufprall kann viel passieren», sagt Polizeisprecher Wolfgang Jürgens.

Im Spätsommer und Frühherbst laufen Rehe und Hirsche erst blind vor Liebe über die Straße. Dann wandern meist orientierungslose Jungtiere über den Asphalt. Sie leiden unter einem «Ernteschock». Wenn Felder, in denen sie aufgewachsen sind, gemäht werden, «ist das für die Tiere, als würde ihr Haus mit der Abrissbirne plattgemacht werden», sagt Ulrich Baade vom Landesjagdverband Baden-Württemberg.

Er verweist auf Zahlen des vergangenen Jagdjahrs für den Südwesten.

Allein mit Rotwild gab es 19 000 Verkehrsunfälle, 3500 mit Wildschweinen. Auch für das laufende Jahr schätzt Baade, dass sich die Zahl auf hohem Niveau bewegen wird, aber nicht ganz an diese Rekordwerte herankommt. Bundesweit ereigneten sich laut Autoclub ADAC und Deutschem Jagdverband in der Saison 2012/2013 knapp 210 000 Wildunfälle mit 3000 verletzten und 20 getöteten Menschen. Unter die Räder kamen unter anderem 180 000 Rehe und 22 000 Wildschweine.

«Wildunfälle sind die Quittung für zerschnitte Landschaften», meint Hannes Huber vom Naturschutzbund Baden-Württemberg (Nabu). Die Menschen freuten sich zwar über eine bessere Infrastruktur durch ein größeres Straßennetz. Damit querten sie allerdings die Lebensräume aller Wildtiere - nicht nur derer, «die Beulen im Auto hinterlassen», betont Huber. Querungshilfen wie Grünbrücken - und wenn sie noch so klein sind - könnten allen Tieren nutzen.

Auch der Jägersprecher hält die bepflanzten Überbrückungen für die beste Lösung. Doch die sind teuer. Um die zwei Millionen Euro könnten manche kosten. Laut Baade muss das aber auch in Bezug auf die Kosten von Wildunfällen gesehen werden: «Wenn man bedenkt, was die Versicherungswirtschaft dadurch sparen könnte...»

Doch die Versicherer können die Kosten der Kaskoschäden gut wegstecken. Zwar haben Wildunfälle nach den aktuellsten Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungsgesellschaften (GDV) 2012 Ausgaben von 583 Millionen Euro verursacht. Dies sei aber ein kleiner Betrag verglichen mit anderen Posten, sagt eine GDV-Sprecherin.

«Tier gegen Auto, das ist immer ein ungleicher Kampf», klagt Tierschützer Huber  - «zumindest bei uns, wo's keine Elche oder Elefanten hat». So ganz recht hat er damit nicht. Jäger, ADAC und der Deutsche Verkehrssicherheitsrat rechnen es vor: Stößt ein Auto mit 60 Kilometern in der Stunde auf einen Rothirsch, entspricht das einer Energie von fünf Tonnen - dem Gewicht eines ausgewachsenen Elefanten.

Wer diese Begegnung vermeiden will, sollte bei Wildwechselschildern langsamer und in der Dämmerung besonders aufmerksam fahren, empfehlen die Experten. Wenn der Fuß dann doch mal zu spät auf dem Bremspedal sein sollte, muss der Fahrer anhalten und die Unfallstelle sichern.

Das getötete Wild darf er nicht mitnehmen - das wäre Wilderei.

Stattdessen sollte der zuständige Jäger benachrichtigt werden; die Telefonnummer kennt die Polizei.